Alpen-Mutterwurz

Vorkommen und Verbreitung: Die Alpen-Mutterwurz / adonisblättrige Mutterwurz kommt natürlicherweise auf alpinen Matten, Magerrasen, fetten Weiderasen, Hochstaudenfluren und in Murenflächen. Die Pflanze bevorzugt dabei frische Böden. Sie ist in den Alpen auf einer Höhe zwischen 1.000 bis 3.000 Metern anzutreffen. Zum Teil findet man die Mutterwurz aber auch im Schwarzwald, Bayerischen Wald und dem Böhmerwald.

Wuchsform: Die Alpen-Mutterwurz bildet dichte „Nester aus Blätter“ aus. Sie erreicht mit den aufsteigenden Stängeln eine Höhe zwischen 10 cm bis zu 50 cm. Sie hat dabei einen krautigen Wuchs und ist mehrjährig. Unter der Erde bilden sich die verdickten Rhizome aus – dieses dient der Pflanze zum überwintern. Die Pflanze kann mit ihren Wurzeln eine Tiefe von bis zum einem Meter erreichen. Die Stängel sind rundlich und haben eine deutliche Einkerbung rundum. Am Stängelgrund bildet sich der typische, braune Faserschopf aus.

Blätter: Die Stängel der Pflanze sind blattlos oder besitzen nur ein bis zwei Blätter. Die weiteren Laubblätter sind grundständig und haben eine dreieckige Form. Alle Pflanzenteile sind sehr aromatisch – der Geruch bleibt auch bei Trocknung erhalten. Die einzelnen Blätter bestehen wiederum selbst aus kleineren Fiederblättchen. Sie sind zwei bis dreifach gefiedert. Die Enden der Fiederblättchen laufen jeweils spitz zusammen. Die Oberseite der Blätter ist leicht glänzend und dunkelgrün gefärbt.

Blüten: Am Ende der Stängel bilden sich zwischen 10 bis 15 kurz gestielten Blütendolden aus. Diese bestehen wiederum aus einer Vielzahl von einzelnen, in kleineren Dolden zusammenstehenden Blüten. Die einzelnen Blüten sind vor dem aufblühen zunächst rosa gefärbt auf der Außenseite. Später verlieren sie diese Farbe und werden auf der Oberseite weiß. Pro Blüte bilden sich zwischen 5 bis 10 Hüll- und Kronblätter aus. In der Mitte sitzt die weiß gefärbte Blütennarbe auf dem nach oben gewölbten, grünen Fruchtkörper. Rund um die Blütennarbe sind die weiß bis leicht gelb gefärbten Staubblätter auf den länglichen Staubfäden angeordnet.

Früchte: Die Früchte bilden sich nach der Blüte aus und stehen nach oben von den Blütenständen ab. Zunächst sind sie grünlich. Später werden sie braun. Die Form ist leicht oval. Die Verbreitung erfolgt durch Tierstreuung und Wasser. Die Fruchtreife wird im September bis Oktober erreicht.

Besonderheiten der Pflanze: Die Blütezeit reicht von Juni bis in den August. Die Bestäubung erfolgt vor allem durch Zweiflügler, Bienen und verschiedene Schmetterlinge. Seltener auch durch Käfer. Die Blätter der Pflanze dienen den Raupen von Schwalbenschwanz (Papilio machaon) und Achat-Eule (Phlogophora meticulosa) als Futterpflanze. Auch bei Bergbauern ist die Pflanze beliebt, da sie eine milchfördernde Wirkung bei Kühen zeigt und reich an Roheiweis und Fetten ist.

Volksmedizinische Verwendung der Pflanze: Die intensiv, aromatisch riechende Wurzel wird in der Volksmedizin unter anderem bei Blähungen, Leber-, Nieren und Blasenleiden eingesetzt. Sie kann zudem auch bei Verstopfungen eingesetzt werden aufgrund ihrer beruhigen Wirkung auf Magen und Darm. Ein wässriger Absud von den krautigen Teilen der Alpen-Mutterwurz gilt als magenstärkend.

Verwendung in der Küche: Die frischen Blätter können ähnlich wie Petersilie zum Würzen von Speisen verwendet werden. Eine weitere Verwendung bildet das Würzen von Käse. Aus den Wurzeln werden vielen Alpenliköre und auch der Bärwurz-Schnaps aus dem Bayerischen Wald hergestellt.

Namensherkunft: Der botanische Gattungsname „Ligusticum“ leitet sich nach der Meinung im „Taschenwörterbuch der botanischen Pflanzennamen“ von Franz Boerner sowie dem Buch „Die etymologie der phanerogamennomenclatur“ von „Liguria / Ligurien“ – einer norditalienischen Provinz ab. 2 Der botanische Artname „mutellina“ wird vermutlich nach Franz Boerner als Latinisierung des Schweizer Volksnamen angesehen.

Volkstümliche Namen: Zu den volkstümlichen Namen zählen unter anderem Muttern, Madaun, Mutteli, Mutterkraut, Gamskraut und Bärenfenchel. Oft kommen die Namen auch in den Alpensagen vor.

Nach einem Volksglauben soll die milchgebende Pflanze wie weitere „Milchkräuter“ der Alpen dort gewachsen sein wo die Milch der hl. Maria auf die Erde gefallen ist. Ob es sich hierbei wirklich um eine Volkssage handelt, erschien bereits den Authoren des Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens zweifelhaft. 3 4

Eine weitere Sage aus dem Tiroler Land ist wie folgt: „In der Höfener Alpe am Hahnenkamm bei Reutte (Tirol) ging früher alle Nacht ein Weiblein um und rief klagend: O je, was hab i getan, Miët i Knofel und Madan! Sie war einst Sennerin in der Alpe gewesen und hatte aus Bosheit dem Vieh falsche Miëte“ (Geleck) gegeben, daß darob die Kühe der Nachbarn ganz von der Milch kamen. Zur Strafe mußte sie nun nach ihrem Tode in der Alp geistern„. 5

Auch aus dem Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens stammt die folgende Sage: „Gottlose Sennen, denen die Melkarbeit zu viel war, verwünschten einst die milchgebenden Alpenkräuter mit den Worten: „Verflucht sei Cyprian (Cetraria islandica [- Isländisches Moos]), Mutterne (Meum mutellina [alte Bezeichnung für den Alpen-Mutterwurz]) und Ritz (Plantago alpina [Alpen-Wegerich]) van z’underst bis zum höchste Spitz“! oder „Nemm der Tüfel über Gred und Spitz Cyprian, Mutterne und Ritz“! Durch das Gebet eines alten Mannes wurde jedoch die Verwünschung nur teilweise wirksam, der „Cyprian,“ (siehe Flechten) verdorrte, Mutterne und Ritz blieben grün. 6 Nach einer anderen Fassung aus Glarus wurde der „Mutteri“ in „Fideri“ (isländische Flechte) verwandelt, weil die Bauern, die dreimal am Tage melken mußten, wünschten, daß der Teufel das „Gras“ wegnehme“ 7

Gefährdung der Pflanze: Gefährdung der Pflanze: Die Alpen-Mutterwurz steht derzeit als ungefährdet auf der Roten Liste Deutschlands. Die einzelnen Gefährdungsgrade auf den regionalen Roten Listen sind wie folgt:

– Baden-Württemberg: extrem selten (Status: R) – Baden-Württemberg besitzt eine besondere Verantwortlichkeit für den Schutz der Sippe

– Bayern: ungefährdet (Status: *)

Verbreitungs-Codes: A, AV, M1 (Teile), M2 (Teile)


  1. Schmeil-Fitschen, Die Flora Deutschlands und angrenzender Länder, 97. Auflage, Seite 913 ↩︎
  2. Die etymologie der phanerogamennomenclatur, Seite 103 ↩︎
  3. Germania 7 (1826), 395 ↩︎
  4. Handwörterbuch Des Deutschen Aberglaubens Vollständig Band 01 Bis 10 Berlin, 1987, Bächtold Stäubli Hanns Hoffmann Krayer Eduard, Seite 1478 ↩︎
  5. Reiser, Allgäu I, 340 ↩︎
  6. SchweiId. 4, 578 ↩︎
  7. Herzog, Schweizersagen I, 113 ↩︎

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