~ Giftpflanze des Jahres 2012 ~
Aus der Familie der Hülsenfrüchtler (Fabaceae) stammt diese südeuropäische Schönheit: der gewöhnliche Goldregen. Dennoch sollte man sich nicht von der Schönheit der Blüten blenden lassen. Es handelt sich um eine stark giftige Pflanze in allen Pflanzenteilen!
Vorkommen und Verbreitung: Der gewöhnliche Goldregen kommt in Mitteleuropa in den meisten Fällen als Zierpflanze vor. Zum Teil ist sie auch in Menschennähe als verwilderte Pflanze zu finden (synantrop). Ursprünglich stammt die Pflanze aus Süd- und Südosteuropa sowie in Teilen von Westasien. Dort ist sie in „Elsbeeren-Flaumeichenwäldern“ (Quercetalia pubescenti-petraeae-Gesellschaften1) sowie in „Manna-Eschen-Hopfenbuchen-Wäldern“ (Orno-Ostryetum-Gesellschaften 2) zu finden. Hierbei handelt es sich um submediterrane bis mediterrane Pflanzengesellschaften. Sie bevorzugt dabei einen sonnigen, kalkhaltigen Lehmboden. In den Alpen ist die zweite Pflanzenart der Gattung vertreten: der „Alpen-Goldregen“ (Laburnum alpinum). Es handelt sich um eine winterharte Pflanze, trotz der Herkunft aus dem Mittelmeergebiet.
Pflanzenbeschreibung
Wuchsform: Es handelt sich beim Goldregen um einen sommergrünen Strauch bis kleinen Baum. Die Pflanze erreicht eine Wuchshöhe von bis zu 7 Metern. Die Äste bilden eine Korkschicht an Stelle einer Rinde aus. An deren Enden bilden sich zudem die hängenden Blütenstände aus. Die Pflanze kann ein Alter zwischen 20 bis 30 Jahre erreichen. Der gewöhnliche Goldregen ist ausschließlich sommergrün. Im Winter blieben ausschließlich die verholzten Pflanzenteile bestehen. im Frühling und über den Sommer bilden sich hellgrün gefärbte Nebentriebe aus.
Blätter: Die Laubblätter sitzen wechselständig an den Ästen. Die einzelnen Blätter sind jeweils dreifach gefiedert. Der Rand der Fiederblättchen ist glatt. Die Oberseite der Blätter ist dunkelgrün gefärbt. Die Fiederblättchen sind eiförmig bis verkehrt-eiförmig / elliptisch aufgebaut. Am Ende der Blättchen bildet sich ein kleiner Stachel aus. Die Mittelrippe ist deutlich ausgeprägt. Auf der Unterseite sind die Blätter wegen der Behaarung leicht grau gefärbt.
Blüten: Der Goldregen bildet am Ende der Nebentriebe endständige, lockere Blütentrauben aus. Diese hängen von der Pflanze weg nach unten. Die einzelnen Blütentrauben bestehen aus 18 bis 45 gelb gefärbten Blüten. Die Blüten sind zygomorph aufgebaut und haben eine doppelte Blütenhülle. Der gewöhnliche Goldregen hat eine Blütezeit von Mai bis Juni.
Früchte: Die Früchte bestehen aus ein bis mehrsamigen Hülsenfrüchten. Diese sind länglich aufgebaut und haben eine dunkelbraune bis leicht graue Behaarung auf der Oberfläche. Die Fruchtreife wird im August bis September erreicht.
Detaillierte Beschreibung einzelner Pflanzenteile
Detaillierte Beschreibung der Blüten: Die oberen zusammengewachsenen Blütenblätter (Fahne) sind größer als die unteren Blütenteile (Schiffchen) mit den Flügeln (an der Seite des Schiffchens herausstehende Blütenteile). Insgesamt besteht die Blüte aus fünf Blütenblättern (sog. Schiffchenblüten). Im Inneren des Schiffchens (unterer Blütenteil) bilden sich der Fruchtknoten mit dem Griffel (welcher glatt ist) aus. Um den Griffel stehen die 10 Staubblätter (diese sind meist paarweise miteinander verwachsen). Es handelt sich bei den Blüten um zwittrige Blütenstände. Die Bestäubung der Blüten erfolgt durch verschiedene Wildbienen, Fliegen und Honigbienen .
Detaillierte Beschreibung der Samen: Bei Reifung der Samen verdicken sich die einzelnen Kammern der Samenstände. Die Samenkapseln platzen bei voller reife auf. Hierdurch kommt es zu einer sprunghaften Verteilung der Samen über mehrere Meter. Die aufgeplatzten Samenkapseln haben eine „Korkenzieherform“. Auf der Innenseite sind sie glänzend. Die einzelnen Samen sind schwarz gefärbt und rundlich.
Giftigkeit der Pflanze – Hinweise zum Umgang
Giftigkeit der Pflanze 3: Es handelt sich beim Goldregen um eine Giftpflanze, welche in allen Teilen giftig ist! Es ist daher besondere Vorsicht im Umgang mit der Pflanze geboten. Beim Schneiden der Pflanze sollten unbedingt Handschuhe getragen werden. Der Grünschnitt darf nicht auf dem eigenen Komposthaufen verwendet werden, da im Pflanzensaft der Ästen, Zweigen und Blätter Giftstoffe enthalten sind. Diese bleiben auch in den getrockneten Pflanzenteilen toxisch! Besonders die Fruchthülsen mit den Samenkörnern zählen zu den giftigsten Pflanzenteilen. Die Samen sollten auf keinen Fall gegessen werden! Es sollten keine Anpflanzungen in der Nähe von Kindergärten oder Spielplätzen erfolgen, da die Pflanze hochgiftig ist und die Kinder beim spielen auf die Samen, Samenkapseln oder Blüten stoßen könnten.
Bereits das Zerkauen von Samen oder das Lutschen an den gelb gefärbten Blüten kann zu einer Vergiftung führen. Zum Teil wurden die Blüten als „Ersatz für Robinienblüten zum Würzen“ verwendet! DIES SOLLTE AUF KEINEN FALL GETAN WERDEN! 4
Wie Carsten Schleh es in seinem Buch „Vorsicht da steckt Gift drin!“ treffend formuliert sollte bereits beim ersten Verdacht auf Kontakt mit einer „Erbsenpflanze“ bei Kindern sofort nachgesehen werden, was sie da gefunden haben. Es könnte durchaus sein, dass es sich um den Goldregen handelt. Im Fall einer Vergiftung gilt es schnell zu reagieren. Es sollte ein Arzt aufgesucht werden!
Im Fall einer starken Vergiftung ist der Betroffene ist sofort in ein Krankenhaus zu bringen! Gegebenenfalls sollte durch einen Arzt zusätzlich der Gift-Notruf konsultiert werden.
Volkstümliche Namen & Namensherkunft des deutschen Namens
Volkstümliche Namen des Goldregens: Die Pflanze ist unter verschiedenen volkstümlichen Namen bekannt. Zu diesen zählen unter anderem „Bohnenbaum“ – in Anlehnung an die Form der Früchte der Pflanze – „Goldrausch / Gelbstrauch“ – nach der Farbe der Blüten. Der Name „Kleebaum“ leitet sich aus der Form der Blätter ab.
Namensherkunft des deutschen Namens: Der deutsche Name „Goldregen“ soll sich aus den goldgelb gefärbten, hängenden Blütentrauben entwickelt haben. Eine genaue Herkunft des Namens ist aber nicht nachweisbar.
Namensherkunft des Gattungs- und Artnamens
Namensherkunft des Gattungsnamens 5: Der Gattungsname „Laburnum“ wird als Anagramm zu dem lateinischen Wort „alburnum“ – zu deutsch – „weißes Splintholz“ angesehen. Die Erstbeschreibung der Gattung „Laburnum“ erfolgte im Jahr 1759 durch den deutschen Arzt und Botaniker Philipp Konrad Fabricius in seinem Werk Enumeratio Methodica Plantarum, S. 228 6 7.
Namensherkunft des Artnamens 8: Der Artname „anagyroides“ lässt sich mit „stinkstrauchartig“ ins deutsche übersetzen. Hierbei wird auf die Ähnlichkeit zum Stinkstrauch (Anagyris foetida) hingedeutet – dieser Strauch hat dreiteilige Blätter sowie schmetterlingsförmige Blüten.
Verbreitungs-Codes: keine – ausschließlich Anpflanzungen! [A, AV, M1, M2, F, K (synthetisch / synantrop)]
Der folgende Abschnitt ist nicht für Menschen mit schwachen Nerven geeignet. Bitte lest es euch nur bei wirklichem Interesse durch. Es wird auf sehr viele medizinische Fachbegriffe und auf eine Beschreibung der Symptome eingegangen.
Aufschlüsselung der Inhaltsstoffe
Inhaltstoffe 9: Chinolizidin-Alkaloide: Cytisin, N-Methylcytisin, Hydroxy-norcytisin; Pyrrolizidinalkaloide: Laburnin, Laburnamin
Gehalt der Inhaltsstoffe 10: Der Alkaloidgehalt in der folgenden Tabelle ist auf die „in den einzelnen Pflanzenteilen enthaltenen Giftstoffe in Prozent am Trockengewicht der Pflanzenteile“ bezogen. Die Alkaloide wurden zudem in der Rinde der Wurzeln nachgewiesen.
Blätter | ca. 0,3 – 0,4 % |
Blüten | ca. 0,9 % |
reife Samen | über 2 % |
Als Hauptalkaloid wird in den reifen Samen das „Cytisin“ angegeben. Daneben kommt auch noch das Nebenalkaloid „N-Methylcytisin“ in geringeren Mengen vor. Es ist weniger toxisch als das Hauptalkaloid und wird häufiger in den jungen Schösslingen der Pflanze ausgebildet. In der Fruchtwand der (unreifen) Samen ist zusätzlich das „Hydroxy-norcytisin“ enthalten 11. Während der Reifung der Früchte steigt in diesen der Alkaloidgehalt stark an. Dies lässt sich darauf zurückführen, dass Alkaloide als Stickstoffquelle für die Samenkeimung dienen können.
In den Züchtungen (welche häufig im Handel verkauft werden – Edel-Goldregen – Laburnum × watereri) sind noch weitere Chinolizidin-Alkaloide wie epi-Baptifolin und das Dipiperidinalkaloid (Ammodendrin) als Hauptalkaloid in den Blättern enthalten.
Im Goldregen sind zudem in einer geringen Menge noch Pyrrolizidinalkaloide wie „Laburnin, Laburnamin“ enthalten. Diese sind bei der akuten Toxizität der weiteren Toxine vernachlässigbar.
LD50 bei Tieren & Menschen
Letale Dosis bei Vergiftungen von Tieren: Die folgenden LD-Werte wurden für verschiedene Tierarten festgestellt [Quelle: Institut für Veterinärpharmakologie und ‑toxikologie / Clinitox 12]
Pferd: | 0,5 g Samen/kg Körpergewicht |
Huhn/Taube: | 6 g Samen/kg Körpergewicht |
LD50 Katze (s.c.): | 3 mg/kg Körpergewicht Cytisin |
LD50 Hund (s.c.): | 4 mg/kg Körpergewicht Cytisin |
LD50 Ziege (s.c.): | 109 mg/kg Körpergewicht Cytisin |
LD für Menschen: Ab bereits drei Samen wird von einer kritischen Dosis für Kinder gesprochen. [Quelle: GIZ Nord]. Nach Schneider Arzneidrogen sowie HagerROM wird die tödliche Dosis mit der Pflanze für Erwachsene mit ca. 4 unreifen Früchten (gesamte Hülsen inkl. Samen) bzw. 15 bis 20 Samen bzw. 10 Blüten angegeben.
Vergiftung mit der Pflanze
Symptome einer Vergiftung mit Goldregen: Bei einer Vergiftung mit dem Goldregen kommt es bereits nach kurzer Zeit (ca. 15 bis 30 Minuten, seltener auch nach 1 Std.) zu Symptomen. Zu diesen zählen unter anderem starkem (dauerhaften) Erbrechen, Leibschmerzen, Blässe, Übelkeit, Zittern und Kopfschmerzen. Hinzu kommt ein Brennen im Hals- und Rachenbereich sowie Dursterscheinungen, geweitete Pupillen (Mydriasis) mit Sehstörungen, Tachykardie und vermehrte Speichelproduktion. Zum Teil wurden auch Bewusstlosigkeit, Somnolenz, Muskelschwäche und Gangunsicherheit beobachtet. Eine Blutung in den Nieren kann aufreten. Bei schweren Vergiftungen treten zudem Halluzinationen und Krämpfe auf. Es kommt zum Teil auch zu einer Zyanose (Blaufärbung der Haut, Schleimhäute, Lippen und Finger). Der Tod tritt bei einer schweren Vergiftung ohne ärztliche Behandlung durch Atemstillstand ein.
Es ist darauf hinzuweisen, dass in den meisten Fällen die Vergiftung einen milderen Verlauf haben kann, da durch das Erbrechen der Giftstoffe diese weniger durch den Körper aufgenommen werden. In der neueren Literatur sind keine Todesfälle aufgezeichnet. Es handelt sich dennoch um eine Giftpflanze bei deren Umgang man Vorsicht walten lassen sollte.
Auswirkung auf Weidetiere: Bei Wiedetieren (Kühe, Schafe, Ziegen) ist darauf zu achten, dass diese nicht mit der Pflanze in Kontakt kommen. Rinder und Ziegen werden laut Clinitox als widerstandsfähiger eingestuft. Der Giftstoff „Cytisin“ wird über die Milch wieder ausgeschieden. Hierdurch kann es zum Teil zu einer Vergiftung durch die Milch kommen, auch wenn man selbst keinen Kontakt zur Pflanze hatte.
Erste Hilfe: Bereits bei einem Verdacht auf eine Vergiftung mit der Pflanze sollte sofort eine ärztliche Behandlung erfolgen! Es können keine Eigenmaßnahmen ergriffen werden! Es kann bei Tieren nur eine symptomatische Therapie sowie Dekontamination erfolgen.
Wirkungsmechanismus der Toxine
Wirkungsmechanismus der Toxine: Die Giftstoffe haben zunächst eine nikotinartige Wirkung bei Menschen. Hierbei wird vor allem zunächst eine allgemeine Erregung festgestellt. Später kommt es zu einer Dämpfung der Funktion des zentralen und des sympathischen Nervensystems. Hierbei greift der Giftstoff „Cytisin“ die ACH-Rezeptoren des zentralen Nervensystemsm der Ganglien und der neuromuskulären Endplatte an.
Bei einer schweren Vergiftung kommt es unter anderem zu einem delirischen Zustand des Patienten. Dieser ist oft verbunden mit tonisch-klonischen Krampfanfällen. Hierbei kommt es zu einem Bewusstseinsverlust, einer starre am gesamten Körper, Apnoe (Aussetzung der Atmung) sowie einem erhöhten Speichelfluss (je nach Dauer kann sich ein Schaum vor dem Mund bilden). Im weiteren Verlauf kommt es zu Zuckungen an Armen und Beinen. Je mehr Samen eingenommen wurden, desto ausgeprägter sind die Beschwerden, da eine höhere Menge an Gift freigesetzt wird. In schweren Vergiftungsfällen kann der Tod durch Atemstillstand (aufgrund der Lähmung der Atemmuskulatur) und Kreislaufstillstand eintreten.
- Quercetalia pubescenti-petraeae-Gesellschaften, Ökologie-Seite, Abruf am 03.02.2024 ↩︎
- Orno-Ostryetum-Gesellschaften, Ökologie-Seite, Abruf am 03.02.2024 ↩︎
- Clinitox Datenbank, Eintrag Goldregen, Abruf am 03.02.2024 ↩︎
- Furet, Y., D. Ernouf, J.F. Brechot, E. Au-tret e M. Breteau: Intoxication collective aux fleurs de cytise. Press. Medic. 15(23), 1103-1104 (1986). ↩︎
- Forstbotanik der Uni Freiburg, Abgerufen am 04.02.2024 ↩︎
- ENUMERATIO METHODICA PLANTARUM […] EDITIO SECUNDA bei der Real Jardín Botánico, Abgerufen am 04.02.2024 ↩︎
- GBIF-Eintrag, Abgerufen am 04.02.2024 ↩︎
- Forstbotanik der Uni Freiburg, Abgerufen am 04.02.2024 ↩︎
- Clinitox Datenbank, Eintrag Goldregen, Inhaltstoffe, Abruf am 03.02.2024 ↩︎
- Frohne – Pfänder in Giftpflanzen – Ein Handbuch für Apotheker, Ärzte, Toxikologen und Biologen, 5. Auflage ↩︎
- Alison R. Hayman, David O. Gray, Hydroxynorcytisine, a quinolizidone alkaloid from Laburnum anagyroides, Phytochemistry, Volume 28, Issue 2, 1989, Pages 673-675, https://doi.org/10.1016/0031-9422(89)80087-1. ↩︎
- Institut für Veterinärpharmakologie und ‑toxikologie – Clinitox Datenbank, Eintrag Goldregen, Abruf am 03.02.2024 ↩︎