Die große Kapuzinerkresse ist die Pflanze, die für das „Elisabeth Linné-Phänomen“ verantwortlich ist. Dies wurde erst 1950 vollständig aufgeklärt. Dennoch fasziniert auch heute die farbenfrohe Pflanze immer noch die Menschen.
Arzneipflanze des Jahres 2013
Vorkommen und Verbreitung: Die große Kapuzinerkresse stammt ursprünglich aus Peru (Südamerika). Sie wurde mutmaßlich in den 1680er Jahren nach Europa eingeführt. Die erste Quelle bildet die Erstbeschreibung von Paul Hermann, Professor für Botanik in Leiden – sie ist in seinem Werk „Hortus Academicus“ aus dem Jahr 1687 unter dem Namen „Nasturtium Indicum majus“ 1. Die Pflanze gilt als einjährig in den gemäßigten Gebieten und ist frostempfindlich. Die Kapuzinerkresse wird häufig als Zierpflanze und Küchenkraut angepflanzt.
Pflanzenbeschreibung
Wuchsform: Es handelt sich um eine ausdauernde, krautige Pflanze mit einer Wuchshöhe zwischen 15 bis 30 cm. Die Ranken können eine Länge von bis zu 5 Metern erreichen. Die Blätter sitzen wechselständig an den fleischigen Stängeln.
Blätter: Die Laubblätter sitzen am Ende eines länglichen, runden Blattstiels. Pro Blatt bilden sich neun Hauptblattadern (weißlich gefärbt) aus. Es ergibt sich in der Mitte des Blattes so ein „weißlicher Fleck“. Die Laubblätter haben eine dunkelgrüne bis grünblaue Färbung. Die Ränder sind leicht gewellt. Eine Größe zwischen 3 bis 10 cm (seltener bis zu 17 cm) können die Blätter erreichen. Die jungen Blättchen sind hellgrün gefärbt.
Blüten: Die Blüten der Pflanze sind trichterförmig aufgebaut und sitzen einzeln in den Blattachseln. Der Blütenstiel kann eine Länge zwischen 6 bis 13 cm erreichen. Die große Kapuzinerkresse besitzt eine zwittrige Blüte und ist zygomorph durch die fünf miteinander verwachsenen Blütenblättern. Die Blütenkrone selbst kann einen Durchmesser zwischen 3 bis 6 cm haben. Die Blütenblätter sind rundlich aufgebaut und haben einen glatten bis leicht eingekerbten Rand. Zum Schlund hin sind sie mit Fransen besetzt. Die obere Lippe ist mit einem dunkleren Fleck besetzt. Der Sporn bildet sich im hinteren Teil der Blüte aus und kann eine Länge von bis zu 28 mm erreichen. Im Inneren der Blüte sitzen die acht Staubblätter. Aus drei Fruchtblättern besteht der Griffel mit einer dreigeteilten Narbe. Die Blütezeit reicht von Juli bis in den Oktober.
Früchte: Die Früchte der Kapuzinerkresse bestehen aus drei einsamigen Teilfrüchten. Diese sind etwa erbsengroß und haben eine bräunliche Farbe. Die Oberfläche ist rau und mit tiefen Rillen überzogen. Die Reife der Samen wird im September bis Oktober erreicht.
Frühere Verwendung als Heilpflanze
Frühere Verwendung der Pflanze als Heilpflanze: Zunächst wurde die kleine Kapuzinerkresse (Tropaeolum minus) nach Europa eingeführt. Die erste Erwähnung der kleinen Kapuzinerkresse findet sich 1574 bei dem flämischen Arzt und Botaniker „Rembert Dodoens“. Sie ist zudem im bekannten Gottorfer Codex von Hans Simon Holtzbecker enthalten. Die große Kapuzinerkresse hingegen ist erst im Jahr 1687 beschrieben in Hortus Academicus zu finden.
Eine Zuordnung der Pflanzen erfolgte in den Werken unter dem Namen „Nasturtium Indicum“ und respektive „Nasturtium Indicum majus“. Die Pflanzen wurden in der medizinischen Wirkung mit der Brunnenkresse (Nasturtium officinale R.Br.) verglichen. Im 18. Jahrhundert wurde die Kapuzinerkresse mutmaßlich bereits gegen Skorbut eingesetzt. Die Pflanze besitzt einen hohen Vitamin C Gehalt – dieser liegt in den frischen Pflanzenteilen bei bis zu 320 mg Vitamin C je 100 g.2
Volkstümliche Namen
Volkstümliche Namen 3: Zu den schwäbischen Namen der Pflanze zählen unter anderem „Rauter“ oder „gelber Rittersporn“ (nach der Form der Blüte mit dem typischen Sporn) und Steigauf (nach der aufrechten, rankenden Wuchsform). Im Taschenwörterbuch für Botaniker und alle Freunde der Botanik sind zudem die Namen „Pfaffenkappe“ und „Spornblume“ 4 vermerkt.
Namensherkunft
Namensherkunft des botanischen Namens: Der botanische Gattungsname „Tropaeolum“ wurde zuerst durch den Botaniker Carl von Linné im Jahr 1735 der Pflanze zugeschrieben. Der Name „Tropaeolum“ leitet sich dabei von dem griechischen Wort „tropaion“ (τροπαίον) oder dem lateinischen Wort „tropaeum“ ab. τρόπαιον lässt sich mit dem Wort „Trophäe oder Siegeszeichen“ ins Deutsche übersetzen. Nach LIDDELL & SCOTT – „Wörterbuch der antiken griechischen Sprache“ wird τρόπαιον – als Symbol des Sieges, bestehend aus den Waffen des Feindes, die an Bäumen aufgehängt oder auf Holzpfosten aufgestellt wurden – erklärt 5. Hierbei wird vermutlich auf die rankende Wuchsform der Pflanze, Schildform der Blätter und die Helmform der Blüten hingewiesen. Der botanische Artname „majus“ stammt aus dem lateinischen und lässt sich mit „größer / groß“ ins Deutsche übersetzen.
Namensherkunft deutscher Name: Der Namensteil „Kapuziner“ stammt von der Form der Blüten – diese haben eine Ähnlichkeit mit den Kapuzen von Mönchskutten. [Anm. des Redners: Einen Beleg hierfür konnte ich in meinen Recherchen nicht finden!]
Phänomen der „blitzenden Blüten“
Phänomen der „blitzenden Blüten“: Die Tochter von Botaniker Carl von Linné – Elisabeth Christina von Linné [von manchen als erste moderne Botanikerin Schwedens bezeichnet] hat im Jahr 1762 als erste das „Flackern der Kapuzinerkresse“ beschrieben 6. Sie hatte beobachtet, dass die orange-rote Kapuzinerkresse in der Dämmerung kleine Blitze auszusenden schien. Sie schrieb ihre Beobachtungen und Theorien in ihrem Werk „Om indianska krassens blickande“ nieder. Eine Veröffentlichung erfolgte im „Kongl. Vetenskaps Academiens Handlingar“ – im Jahr 1762 der königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften 7. Das Phänomen wurde später auch nach ihr als „Elisabeth Linné-Phänomen“ benannt.
Auch Goethe hat sich mit dem Phänomen in seiner Farbenlehre beschäftigt 8. Aber auch viele Gelehrte faszinierte das zunächst als unerklärlich geltende Phänomen. Eine Sammlung von Deutungsversuchen findet sich in „Das Elisabeth Linné-Phänomen (sogenanntes Blitzen der Blüten) und seine Deutungen“ von Dr. Friedrich A. W. Thomas aus dem Jahr 1914 9. Im Jahr 1950 wurde durch Heinrich Remberg schließlich das Rätsel aufgelöst. Es handelt sich beim „Blitzen der Blüten“ um einen Sonderfall des Lichtpunktglitzerns 10. Dieses Augen-Phänomen wurde auch bei anderen Pflanzen mit orange-roten Blüten beobachtet. Verantwortlich ist der Kontrast der Blüten zu den grünen Laubblättern 11 . Hierbei wird beim Anpassen der Netzhaut auf die Dämmerung eine Art von Lichtblitz „wahrgenommen“. Hierbei handelt es sich um eine Überreaktion der Zäpfchen der Netzhaut.
Gefährdung der Pflanze
Gefährdung der Pflanze: Da es sich um eine Gartenpflanze handelt wird kein Gefährdungsgrad festgelegt.
Verbreitungs-Codes: A, AV, M1, M2, F, K (synth.)
Quellenverzeichnis
- Horti academici Lugduno-Batavi catalogus – Paul Hermann (1687) – Nasturtium Indicum majus – Seite 447 ↩︎
- „Sämmtlich sind sie aber beissend und blähend…“ – Historische Streiflichter auf Knoblauch, Zwiebeln und Kapuzinerkresse in Zeiten von SARS-CoV-2 und Covid-19 – Tobias Niedenthal – 2020 ↩︎
- Taschenwörterbuch für Botaniker und alle Freunde der Botanik, Ludwig Glaser, Seite 401 ↩︎
- Taschenwörterbuch für Botaniker und alle Freunde der Botanik, Ludwig Glaser, Seite 401 ↩︎
- LIDDELL & SCOTT – Wörterbuch der antiken griechischen Sprache ↩︎
- von Linné EC. Om Indianska krassens blickande. Kungliga Vetenskapsakademins Handlingar, 1762: 284f. ↩︎
- von Linné EC. Om Indianska krassens blickande. Kungliga Vetenskapsakademins Handlingar, 1762, S. 1 ↩︎
- Blick F. Flashing Flowers and Wordsworth’s “Daffodils”. The Wordsworth Circle 2017; 48, no.2 (Spring): 110–115 ↩︎
- Thomas FWA. Das Elisabeth Linné-Phänomen und seine Deutungen. Jena: Gustav Fischer; 1914 ↩︎
- Lichtpunktglitzern, Lichtpunktblinken und Helligkeitsflackern als Phänomene der Zapfenschwelle ↩︎
- Remberg H. Über einen Sonderfall des Lichtpunktglitzerns(Lp. Gl.), das Elisabeth Linné-Phänomen (E.L.Ph.). Pflüger‘s Archiv für die gesamte Physiologie des Menschen und der Tiere 1950; 253: 114–120 ↩︎