Nur die Bitterstoffe der Pflanze schaffen es heutzutage in die Wermut-Spirituosen. Dabei handelt es sich um eine teilweise selten gewordene Wildpflanze.
Vorkommen und Verbreitung: Der Wermut kommt in Mitteleuropa als Gewürz- und Heilpflanze in Gärten vor. Sie ist zum Teil auch verwildert außerhalb dieser anzutreffen. Die Pflanze wächst dabei besonders auf besonnten Unkrautfluren, an Wegen, Bahndämmen und Mauern. Sie bevorzugt mäßig trockene sowie nährstoff- und basenreiche Böden.
Pflanzenbeschreibung
Wuchsform: Die Pflanze kann eine Wuchshöhe zwischen 40 bis 60 cm, seltener auch bis zu 1,5 Metern, erreichen. Es handelt sich um einen ausdauernden Halbstrauch, welcher im unteren Bereich deutlich verholzt und im oberen Bereich krautig bleibt. Die oberirdischen Teile sind grau-grün gefärbt und haben einen starken Duft. Unter der Erde bildet sich ein längliches, waagerecht wachsendes Rhizom aus. Im oberen Bereich sind die Stängel sehr oft verzweigt und haben eine dicht anliegende Behaarung. An den Stängeln bilden sich zudem kleine, punktförmige Öldrüsen aus. Sie hat einen sehr aromatischen Geruch.
Blätter: Die unten am Stängel sitzenden Blätter sind tief eingeschnitten und haben eine fiedrigen Aufbau. Sowohl die Ober- als auch Unterseite sind mit weißen, feinen Härchen besetzt. Sie haben hierdurch eine silbrige bis hellgraue Färbung. Im oberen Bereich der Pflanze sind die Blätter kleiner und laufen an den Enden spitz zusammen.
Blüten: Der Blütenstand setzt sich aus mehreren Einzelblüten zusammen. Sie sind in rispenartigen Gruppen an den Stängeln angeordnet. Er kann eine Länge von bis zu 30 cm erreichen. Die kurzen, nach unten gebogenen Blütenstängel haben eine silbrig bis hellgraue Farbe. Die einzelnen Blütenköpfe bestehen aus einer Vielzahl von kleinen, gelb gefärbten Röhrenblüten. Die Kronröhren haben nur eine Länge zwischen 1 bis 2 mm. Die äußeren Blütenteile sind rein weiblich, während die inneren Blütenteile weiblich und männlich sein können. Die Bestäubung der Pflanze erfolgt vor allem durch den Wind, seltener aber auch durch Insekten. Die Blütezeit reicht von Juli bis in den September.
Früchte: Die Früchte sind eiförmig bis zylindrisch aufgebaut und bilden sich nach der Blüte aus. Sie werden als „Achänen“ bezeichnet. Die Samen werden vor allem durch den Wind verbreitet.
Besonderheiten der Pflanze
Wermut als Raupenfutter: Die Blätter des Wermuts gelten als Raupenfutter für verschiedene Nachtfalter. Zu diesen zählen unter anderem Eulenfalter – wie der Beifußmönch (Cucullia absinthii) und die Beifuß-Blüteneule (Schinia scutosa).
Wermut als Zikadenwirtspflanze: Der Wermut gilt als Nistplatz für zwei spezialisierte Zikadenarten. Diese sind die „Bunte Wermutblattzikade (Eupteryx adspersa)“, die „Grüne Wermutblattzikade (Austroasca vittata)“. Die beiden Arten haben sich auf die Blätter der Wermutpflanzen spezialisiert. Die adulten Tiere legen die Eier auf den Blättern ab. Die Larven der Zikaden entwicklen sich dann auf der Pflanze und nutzen diese als Futterpflanze. Hierbei wird der Pflanzensaft aus den Blättern entzogen.
Wermut als Wanzenwirtspflanze: Am Wermut kann in seltenen Fällen die Wanzenart „Tingis crispata (Herrich-Schaeffer, 1838)“ gefunden werden. Zu den weiteren Wirtspflanzen zählen zudem der Feld-Beifuß (Artemisia campestris) und der gemeine Beifuß (Artemisia vulgaris).
Verwendung der Pflanze
Medizinische Verwendung der Pflanze: Aus dem getrockneten Kraut können Teezubereitungen sowie Tinkturen hergestellt werden. Diese werden bei Appetitlosigkeit sowie Problemen mit dem Magen / Darm / Gallenwegen angewendet. Die enthaltenen Bitterstoffe wirken Anregend auf die Magensaftbildung und Fördern die Durchblutung der Magenschleimhaut. In der Volksmedizin wurde die Pflanze zur Behandlung von Würmern eingesetzt.
Frühere Verwendung im Absinth: Das aus der Wermutpflanze gewonnene Wermutöl wurde früher zur Herstellung von Absinth-Schnaps verwendet. Dies ist aber aufgrund des hohen Thujongehalts eine gefährliche Praxis gewesen. Bei dem ätherischen Öl „Thujon“ handelt es sich um einen in größeren Mengen stark giftigen Stoff (dieser kommt vor allem auch in der Thuja und dem Lebensbaum vor). Der Gebrauch von Wermutöl in Wermutweinen ist heutzutage weitestgehend verboten. Die Einnahme von größere Mengen von Wermutöl kann zu »Absinthismus« mit dem einhergehenden Persönlichkeitszerfall führen. Heutzutage wird in Wermutweinen kaum ätherisches Öl verwendet sondern fast ausschließlich die ebenfalls in der Pflanze enthaltenen Bitterstoffe. Der Genuss von Wermutweinen (die nicht selbst hergestellt wurden) ist daher unbedenklich.
Inhaltsstoffe: ätherisches Öl (0.3-1.3%) mit dem Monoterpen Thujon, Thujyalkohol (10-80%) und Sesquiterpenlactone wie Artabsin und Absinthin, die Hauptbitterstoffe, Isoabsinthin, Anabsin, Artabin, Ketopelenolide A und B und Arbasin.
Nebenwirkung der Pflanze: Das in der Pflanze enthaltene Thujon reizt die Mund- und Magenschleimhäute. Es hat zudem eine toxische Wirkung auf die Nieren sowie eine neurotoxische Wirkung auf das periphere und zentrale Nervensystem.
Namensherkunft & Volkstümliche Namen
Volkstümliche Namen: Der Wermut ist unter verschiedenen volkstümlichen Namen bekannt. Zu diesen zählen im Schwäbischen unter anderem „Wurmkraut (nach der früheren Verwendung gegen Würmer), Bitterkraut (aufgrund des bitteren Geschmacks), Silberkraut (durch die silberfarbenen Blätter) sowie Sonnewirbele (von den kleinen gelben Blütenköpfen). Weitere Namen sind „Absinth, Hilligbitter, Wermat, Würmut“. Im Englischen wird die Pflanze als Vermouth bezeichnet.
Namensherkunft: Der botanische Gattungsname „Artemisia“ leitet sich aus gleichnamigen lateinischen Wort ab. Dies wurde aus dem altgriechischen Wort ἀρτεμισία entlehnt. Die Etymologie des Wortes „artemisia“ geht dabei auf die altgriechische Göttin der Natur, der Wälder sowie der Jagt „Artèmis“ zurück. Eine zweite etymologische Ableitung kann aus dem altgriechischen Wort ἀϱτεμής (àrtemes) – zu deutsch „frisch, gesund“ – hergestellt werden. Der botanische Artname „absinthium“ wird als Entlehnung aus dem altgriechischen Wort „ἀψίνθιον“ (apsinthion) angesehen. Eine bitter schmeckende Pflanze die aber als heilsam angesehen wird. Eine genauere Namensherkunft ist nicht möglich, da sich die Literatur hier häufig widerspricht. Eine mögliche Erklärung für den deutschen Namen Wermut gibt das Buch „Die etymologie der phanerogamennomenclatur„. Hierin wird die Ableitung von „warm“ und „ôt / uot“ – in der Bedeutung von Kraft, Schatz – angenommen. Da der „Absinth“ ein kräftigendes, erwärmendes Getränk sein soll.
Gefährdung der Pflanze
Gefährdung der Pflanze: Der Wermut wird auf der Roten Liste Deutschlands noch als ungefährdet eingestuft. Die Pflanze ist dennoch auf einigen regionalen Roten Listen vertreten. Die einzelnen Gefährdungsgrade sind wie folgt:
- Baden-Württemberg: ungefährdet (Status: *)
- Bayern: gefährdet (Status: 3)
- Berlin: ungefährdet (Status: *)
- Brandenburg: ungefährdet (Status: *)
- Bremen: ungefährdet (Status: *)
- Hamburg: stark gefährdet (Status: 2)
- Hessen: etablierter Neophyt (Status: N)
- Mecklenburg-Vorpommern: ungefährdet (Status: *)
- Niedersachsen: ungefährdet (Status: *)
- Nordrhein-Westfalen: ungefährdet (Status: *)
- Rheinland-Pfalz: ungefährdet (Status: *)
- Saarland: ungefährdet (Status: *)
- Sachsen: ungefährdet (Status: *)
- Sachsen-Anhalt: ungefährdet (Status: *)
- Schleswig-Holstein: gefährdet (Status: 3)
- Thüringen: ungefährdet (Status: *)
Verbreitungs-Codes: A, AV, M1, M2, F, K