Hummel-Ragwurz

– Die Bilder zeigen den niederbayerischen Hummel-Ragwurz von der Isar –

Vorkommen und Verbreitung: Die Hummel-Ragwurz ist auf Magerwiesen, Halbtrockenrasen sowie an buschigen Hängen zu finden. Zum Teil ist sie auch in lichten Kiefernwäldern anzutreffen. Der Boden muss für die Pflanze mäßig trocken aber immer kalkhaltig sein! Es handelt sich um eine teilweise alpine Art. In den Alpen ist die Pflanze auch auf Höhe von bis zu 1.450 Metern zu finden. Die Hummel-Ragwurz ist eine der Charakterarten für die Mesobromion-Gesellschaft (Kalk-Halbtrockenrasen, somit vergleichbar: trockene Kalkmagerrasen). In Europa ist die Pflanze im mediteranen bis submediteranen Gebieten, bis ins südliche England verbreitet. In Bayern liegen die Verbreitungsschwerpunkte entlang der Donau und am Lech. Einzelne Standorte sind auch in Nordbayern und Unterfranken bekannt – AHO Bayern.

Wuchsform: Bei der Hummel-Ragwurz handelt es sich um eine aufrecht wachsende, ausdauernde, krautige Pflanze. Sie kann eine Wuchshöhe zwischen 10 bis 50 cm erreichen. Unter der Erde bildet sich ein Rhizom, für die Überwinterung der Pflanze aus. Der Stängel ist hellgrün gefärbt und es bilden sich keine Drüsenhaare.

Blätter: Die Laubblätter sitzen in einer Grundblattrosette dicht über dem Boden. Die Grundblätter haben eine blaugrüne Farbe. Pro Stängel bilden sich ein bis zwei stängelumfassende Hochblätter aus. Sowie unter den Blüten sitzen noch weitere, längliche, hellgrün gefärbte Blätter. In der Mitte der Blätter ist keine deutliche Blattnarbe erkennbar (sie hat auch eine grüne Färbung).

Blüten: Die Blüten des Hummel-Ragwurz sitzen in einer länglichen Blütenstand am Ende der Stängel. Die einzelnen Blüten sind dabei wechselständig rund um den Stängel angeordnet. Pro Blütenstand sind 2 bis 10 Blüten möglich. Die Blüten können eine recht unterschiedliche Form und Farbe haben – siehe hierzu Besonderheiten der Blüte. Die Blütezeit der frühen Unterart reicht von Anfang Mai bis Mitte Juni. Die spätere Unterart kann eine Blütezeit von Juli bis August haben.

Früchte: Die Früchte der Pflanze sind bis zu 15 mm lang und bis zu 7 mm dick. Sie sind zunächst grünlich später bei Reife braun gefärbt. Die Oberseite ist mit leichten Rillen besetzt. Durch die speziellen Bestäubungsbedingungen der Pflanze kommt es nur zu einem geringen Fruchtansatz. Pro Samenkapsel können sich zwischen 10.000 bis 15.000 Samen ausbilden (Salisbury 1942; Neiland 1994). Bei Reifung öffnen sich die Kapselfrüchte längswärts nach unten. Die Fruchtreife wird ab Mitte Juli erreicht.

Besonderheiten der Blüte: Die Petalen (größere Blütenblätter) sind länglich-eiförmig mit einer stumpfen Spitze aufgebaut. Die Blüten können einen Durchmesser zwischen 2 bis 3 cm erreichen. Die drei Hauptblütenblätter stehen in einer Dreiecksform. In der Mitte sind die grünen Blattnerven erkennbar. Die kleineren Sepalen (2 abstehende Blütenblätter) haben meistens eine intensive Farbe. Alle Blütenblätter sind mit feinen Härchen überzogen.

Die Unterlippe der Blüte ist deutlich nach außen gewölbt und hat eine „trapezartige Form“. Am unteren Rand der Unterlippe bildet sich ein grünes nach vorn gerichtetes Anhängsel aus. Dieses läuft in einer Spitze zusammen. Die Blütenfarbe der Unterlippe kann von braun bis dunkelrot reichen. Das Saftmal ist sehr variabel gefärbt. Es besteht aus einer weiß / grünlich umrandeten Basalmal, das oft eine „H“-Form besitzt sowie oft kleineren Flecken um das Basalmal. Der Schlund ist von zwei weiteren, gelbgrünen Anhängseln umgeben. Der Schlund selbst ist dunkelbraun bis hellbraun gefärbt und beinhaltet die Griffel und die Staubblätter. Die zwei Staubblätter sitzen oben im Schlund.

Bestäubung der Blüten: Die Bestäubung der Blüten erfolgt durch verschiedene Langhornbienen-Arten. Die Blüten der Hummel-Ragwurz setzten dabei einen besonderen Trick ein um die Bestäuber anzulocken. Die Männchen der beiden Langhornbienen-Arten „Eucera nigrescens“ und „Eucera longicornis“ (PAULUS 2010) werden durch die Zeichnung auf der Lippe sowie ein „Insektenpheromon“, das durch die Blüten ausgeströmt wird, angelockt. Sie ahmen somit ein paarungswilliges Weibchen auf einer Blüte nach. Das Männchen krabbelt auf die Blüte und wird dabei mit dem Kleben von zwei Pollinien auf den Kopf durch die Blüte belohnt. Die Pollinien neigen sich nach dem herausfliegen aus der Blüte leicht nach unten. Beim Besuch der nächsten Blüte werden die enthaltenen Pollen unfreiwillig auf der Blütennarbe verteilt. So wird die Bestäubung der Blüte vollzogen. Eine Bestäubung ist aber nur sehr selten zu beobachten!

Volkstümliche Namen: Die Hummel-Ragwurz ist in Schwaben und Baden unter verschiedenen volkstümlichen Namen bekannt. Zu den schwäbischen Namen zählen unter anderem: „Totekopf, Dodeköpfle, Uracher Toteköpfle, Sammetmändle, Affegsicht“ 1. In Baden ist die Pflanze in der Region um Ihringen als „Ochsenschühli“ bekannt. In Sitzenkirch wird sie „Immli“ genannt. 2 Der Name „Dodeköpfle“ (Totenköpfchen) leitet sich von der Form und der Farbe der Blüte ab. Diese erinnert entfernt an einen Totenkopf auf der Unterlippe. Auch der Name „Sammetmändle“ hat einen Bezug zur Unterlippe, da diese oft kurz behaart ist.

Uracher Toteköpfle: Nach der Sage soll nach dem Todessturz des Humanisten und freiheitsliebenden Dichters Nicodemus Frischlin in Bad Urach aus dem Blut eine ganz besondere Art von Hummel-Ragwurz erwachsen sein. Frischlin war im Jahr 1590 in der Burg Hohenurach eingekerkert worden. Bei seinem Fluchtversuch über den Burggraben soll er in diesen gestützt sein. Seither soll an dieser Stelle die besondere Hummel-Ragwurz wachsen!

Namensherkunft: Der botanische Gattungsname „Ophrys“ leitet sich von dem altgriechischen „ὀφρύς“ (ophrys) – dies entspricht auch dem griechischen Namen der Pflanzengattung – ab. Dies lässt sich mit „Braue / Augenbraue“ ins Deutsche übersetzen. Nach Helmut Genaust leitet sich diese Analogie von der behaarten Lippe der Blüte ab. Der botanische Artname „holoserica“ lässt sich aus den lateinischen Worten „holo“ – zu deutsch „ganz“ und „sericeus“ – zu deutsch: seidenhaarig – zusammensetzen. Hierbei wird auch auf die Behaarung der Lippe hingewiesen. 3

Gefährdung der Pflanze

Gefährdung der Pflanze: Auf der Roten Liste von Deutschland ist die Hummel-Ragwurz bereits als gefährdet eingestuft. Die Pflanze ist nach der EG-Artenschutzverordnung sowie dem CITES (Washingtoner Artenschutzabkommen) geschützt und darf daher nicht aus der Natur entnommen werden! Die einzelnen Gefährdungsgrade in den Bundesländern sind wie folgt:

  • Deutschland: gefährdet (Status: 3)
  • Baden-Württemberg: gefährdet (Status: 3)
  • Bayern: Stark gefährdet (Status: 2)
  • Brandenburg: Ausgestorben (Status: 0)
  • Hessen: vom Aussterben bedroht (Status: 1)
  • Rheinland-Pfalz: Stark gefährdet (Status: 2)
  • Saarland: Vorwarnstufe (Status: V)

Verbreitungs-Codes: A, AV, M1 (teilw.), M2 (teilw.)


Anmerkung des Redners: Es ist unhöflich, seine Mitschüler als „Du Ragwurz“ anzusprechen. –

  1. Schwäbische Flora, Schwäbischer Albverein, S. 514 ↩︎
  2. Badische Volksnamen von Pflanzen IV von Walther Zimmermann ↩︎
  3. Taschenwörterbuch der botanischen Pflanzennamen, Franz Boerner ↩︎

Eine Antwort auf “Hummel-Ragwurz”

  1. Avatar
    Werner Weisenburger sagt:

    in der Pfalz auf der Kleinen Kamit bei Landau
    im NSG Monbijou neben dem Flupplatz Zweibrücken

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