Echtes Johanniskraut

11 Minuten Lesezeit
Schon seit über 2000 Jahren ist das „echte Johanniskraut“ als wichtige Heilpflanze bekannt. „Echtes Johanniskraut“ ist dabei aber nur einer der Namen der Pflanze, sie wird auch als „Tüpfel-Hartheu“ bezeichnet.
Echtes Johanniskraut in Blüte - die gelben Blüten sitzen in dichten Trugdolden an den Enden der Stängel.
Leichte Giftpflanze – kann Hautreizungen hervorrufen!

Vorkommen und Verbreitung: Das echte Johanniskraut wächst unter anderem auf Magerrasen, Brachland und an sonnigen Waldrändern. Es ist zudem auf Waldkahlschlägen, Gebüschen und Böschungen sowie an Wegen zu finden. Sie bevorzugt dabei frische bis mäßig trockene Böden. Echtes Johanniskraut kann daher oft auch als Pionierpflanze angesehen werden. Sie ist in ganz Europa einheimisch. In Ostasien, Nord- und Südamerika sowie in Australien gilt die Pflanze als eingebürgert. Die Pflanze gilt als Zeigerpflanze für Magerkeit.

Pflanzenbeschreibung

Wuchsform: Es handelt sich um eine ausdauernde, krautig wachsende Pflanze, die eine Höhe zwischen 15 bis zu 60 cm (seltener auch bis zu 100 cm) erreichen. Im oberen Bereich ist die Pflanze deutlich verzweigt und mit mehreren Blütenständen besetzt. Der Stängel ist zweikantig aufgebaut und im Inneren mit Mark gefüllt. Unter der Erde bildet sich eine spindelförmige Wurzel mit vielen ablegerartigen Seitentrieben aus. Sie kann eine Länge von bis zu 50 cm erreichen. Das Johanniskraut bildet daher meist größere Gruppen aus. Es ist das einzige Johanniskraut mit einem gefüllten (nicht hohlen) Stängel.

Blätter: Die Pflanze besitzt eine eiförmige bis längliche Blattform und erreichen eine Länge von bis zu 2 cm. Die einzelnen Blätter sitzen gegenständig an den verzweigten Stängeln. Die Oberseite der Blätter ist dunkelgrün gefärbt und mit schwarzen Punkten besetzt. Hierbei ist auf die Besonderheit der Blätter hinzuweisen. Die Blätter sehen im Gegenlicht wie durchlöchert aus, hierbei handelt es sich um Öleinlagerungen (siehe hierzu auch Abschnitt: Besonderheiten der Pflanze). Auf der Unterseite der Blätter sind die Blattnerven deutlich hellgrün gefärbt und stehen aus den Blättern heraus. Der Rand der Blätter ist glatt.

Blüten: Die Blütenstände sitzen an den Enden der verzweigten Stängel. Die einzelnen Blütenstände bestehen aus einer Trugdolde (es handelt sich dabei um keine echte Blütendolde! – siehe hierzu auch Abschnitt: Besonderheiten der Pflanze). Die Blüten bestehen aus fünf gelb gefärbten, am Ende abgerundeten, Blütenblättern und sind radiär um die Blütenmitte angeordnet. In der Mitte der offenen Blüte sitzen die deutlich abstehenden Staubblätter sowie die ebenfalls gelb gefärbte Blütennarbe. Es handelt sich um eine zwittrige Blüte. Unter den gelben Kronblättern bilden sich die grün gefärbten spitz zulaufenden Kelchblätter aus. Die oberen Blütenteile sitzen auf einem grün gefärbten Fruchtknoten. Die Blütenknospen haben eine gelb-schwarze Steifung auf der Außenseite. Die Blütezeit reicht von Juli bis in den August.

Früchte: Nach dem Verblühen bildet sich eine schmale bis eierförmige dreiteilige Samenkapsel aus. Die einzelnen Samen werden dabei nur bis zu 1 mm lang. Die Außenseite der Fruchtkapsel ist mit feinen, leicht abstehenden Streifen besetzt.

Besonderheiten der Pflanze

Besonderheiten der Blätter: Die „Ölansammlungen“ sind als kleine, durchsichtige Punkte auf den Blättern erkennbar. Das ätherische Öl selbst bildet sich aber in den schwarzen Drüsen am Blattrand. Die Punkte in den Blättern entstehen durch die Ansammlungen an Öl, da dieses die Zellwände aufweicht und somit zu einem durchsichtigen Aussehen führt.

Besonderheiten der Blüte: Die Blütenstände sind durch die Wuchsform als Doppelschraubel gekennzeichnet. Hierbei handelt es sich um eine bestimmte Form. Auf dem Hauptstängel der Pflanze bilden sich keine Blüten aus. Diese wachsen ausschließlich links und rechts von dem Hauptstängel ab! Auch das letzte Blütenstandpaar bildet keine mittlere Blüte aus. Hierdurch wird die Form als „Trugdolde“ durch die Pflanze sichtbar. Die Blüten selbst bilden keinen Nektar aus, sondern ausschließlich ein anbohrbares Gewebe. Die Ränder der Blütenblätter / Kronblätter sind schwarz punktiert. Pro Blüte bilden sich 50 bis 60 (seltener auch bis zu 100) Staubblätter in drei Gruppen aus. Die Bestäubung erfolgt durch Bienen und Hummeln sowie Fliegen.

Giftpflanze für Mensch und Tier – Hinweise zum Umgang mit der Pflanze

Hinweise zum Umgang mit der Pflanze: Da echtes Johanniskraut unter anderem fotosensibilisierende Substanzen enthält ist im Zusammenhang mit der Anwendung der Pflanze und dem Kontakt mit Sonnenlicht Vorsicht geboten! Vor allem in den Blütenblättern bildet sich das blutrot gefärbte Hypericin aus. Dies lässt sich durch Zerreiben freisetzen. Am besten funktioniert dieser Nachweis der Pflanze durch das Zerrreiben von Blütenknospen, da diese den einen großen Anteil an Hypericin enthalten. Hierbei sind aber dringend Handschuhe zu tragen, da der Kontakt mit dem Öl phototoxisch wirken kann! Beim Umfang mit der Pflanze sollten auf jeden Fall immer Handschuhe getragen werden.

Wirkung von Hypericin: Das in der Pflanze enthaltene Hypericin wird durch die Haut absorbiert und darin eingelagert. Durch Sonneneinstrahlung kann dieser Stoff zur Fluoreszenz (Bezeichnung für das Leuchten von Farbstoffen durch UV-Licht!) angeregt werden. Hierdurch kommt es innerhalb der Zellen zu einer Oxidationsreaktion, welche Schäden hervorruft! Es kommt somit zu einer Zellschädigung und im schlimmsten Fall einer Entzündung der Zellen. Dabei wird der Inhaltsstoff nicht verändert und bleibt in den Zellen bestehen. Es kann somit in einem längeren Zeitraum zu weiteren Reaktionen kommen.

Gefährlichkeit für Tiere

Gefährlichkeit für Tiere: Die toxische Dosis für die Pflanze liegt bei ca. 100g frischer Blätter für Schafe bzw. 0,5 – 0,6% des Körpergewichts an frischer Pflanze für Rinder / Kälber. Es kommt bereits innerhalb von 1 bis 2 Tagen nach Aufnahme der Pflanze bei den Tieren zu Fotodermatitis, Unruhe sowie Anorexie. Besonders empfindlich reagiere Pferde auf die Aufnahme der Pflanze! Es ist sofort eine Dekontamination / symptomatische Therapie bei den Tieren durchzuführen.

Auch bei Schafen kann eine toxische Wirkung nachweisbar festgestellt werden, da diese empfindlich auf die Pflanze reagieren. Sie haben dabei eine stärkere Reaktion als Menschen!

Mögliche Verwendung als Heilpflanze

Mögliche Verwendung als Heilpflanze: Dieser Abschnitt ist nicht für eine Selbstmedikation gedacht! Echtes Johanniskraut kann als Heilpflanze eingesetzt werden. Die Inhaltsstoffe gelten als „leicht giftig“, für den Menschen werden sie aber als ungefährlich angesehen. Es ist aber Vorsicht beim Umgang mit der Pflanze geboten! Denn der Rote Farbstoff wirkt auch beim Menschen im Zusammenhang mit Sonneneinstrahlung in seltenen Fällen leicht phototoxisch und kann vor allem bei empfindlichen Menschen auch Rötungen auslösen. Die Pflanze wird unter anderem als Anti-Depressivum in Fertigpräparaten eingesetzt. Es wirkt dabei als Stimmungsaufheller und hat gleichzeitig eine beruhigende Wirkung. Das Öl fördert die Wundheilung und wird als schmerzlinderndes Mittel bei Rheuma eingesetzt. In der Volksmedizin wird zum Teil aus der Pflanze ein Tee gegen Magenbeschwerden sowie bei Erkrankungen der Leber eingesetzt. Das Öl, welches aus der Pflanze gewonnen wird, nennt man im Volksmund auch „Rotöl“ – Quelle: Enzyklopädie: Essbare Wildpflanzen – S. 277

Inhaltsstoffe: Hypericin (rot-fluoreszierendes Pigment) und Pseudohypericin, Flavonoide mit Hyperosid, ätherische Öle, Gerbstoffe, antibiotisch wirksame Verbindungen, Phenolcarbonsäuren. Die Toxizität bleibt zu ca. 20% auch im Dürrfutter erhalten.

Nebenwirkungen der Pflanze: Es kommt bei der Anwendung des Johanniskraut zu einer Abschwächung von anderen Medikamenten. Daher sollte vor Einnahme von Johanniskraut-Präparaten Rücksprache mit einem Arzt gehalten werden um unerwünschte Nebenwirkungen auszuschließen! Schwangeren wird der Einsatz der Pflanze deutlich abgeraten, da es zu unerwarteten Komplikationen kommen kann. Eine Überdosierung der Pflanze kann zu Magen-Darm-Beschwerden und Kopfschmerzen führen. Bei sehr hohen Dosierungen kann es zu Schwindel, Bewusstseinstrübungen sowie Angstzuständen kommen. Es ist dann sofort ein Arzt aufzusuchen!

Verwendung aus früheren Quellen

Verwendung aus früheren Quellen: Im Werk „Fruchtbringenden Gesellschaft (Merian, 1646) wird bereits auf die Heilwirkung der Pflanze eingegangen. Einer der mitunter ältesten Nachweise der Pflanze ist in dem Wiener Dioskurides erbracht – zu finden im Nachdruck von Berendes (1902). Auch in den Nachforschungen / Übersetzungen des Külb (1855) zu den Schriften des Plinius der Älteren aus dem 1. Jh.: Naturalis historia, Buch XXVI. Im New Kreüterbuch von Leonhart Fuchs ist ebenfalls ein Nachweis zur früheren Verwendung zu finden. Im Buch von Wolfgang Schneider: Lexikon zur Arzneimittelgeschichte. aus dem Jahr 1974 sind die früheren Quellen fast vollständig zusammengefasst.

Volkstümliche Namen

Volkstümliche Namen: Echtes Johanniskraut ist nur einer der vielen volkstümlichen Namen der Pflanze. Zu den weiteren zählen unter anderem auch „Tüpfel-Hartheu“. Der Namenszusatz „Tüpfel“ deutet auf die schwarzen Punkte der Blüten und Blätter hin. Der Name „Hartheu“ ist aus den für Tiere ungenießbaren Stängeln (schlechtes Heu) entstanden. Diese sind hart und somit nicht als Heu geeignet. In Baden-Württemberg / hier vor allem im Schwäbischen ist die Pflanze mit dem Namen „Hansekraut, Sonnenwendkraut“ bekannt. Diese Namen beziehen sich auf die Blütezeit um die Sommersonnenwende sowie den Johannistag (24. Juni). In den alten germanischen Kulturen war die Pflanze verehrt. Im Rahmen der Christianisierung der Germanen wurde sie schließlich „Johannes dem Täufer“ geweiht. Aufgrund der Verwendung gegen Wunden und Fieber wurde der Pflanze auch der Name „Wundkraut, Wundbluemle sowie Fieberkraut“ zu teil. Durch den enthaltenen blutroten Saft wird das Johanniskraut auch als „Träne der Muttergottes“ sowie „Blutkraut“ bezeichnet.

Volkstümliche Namen im Zusammenhang mit Sagen: Da die Heilwirkung des Johanniskraut bereits sehr früh bekannt war, sollen Hexen und der Teufel das Kraut nach einer Sage verabscheut haben. Aus Ärger über die Heilwirkung sollen diese kleine Löcher in die Pflanze gestochen haben. Da dies der Pflanze aber nicht schadete, soll sie am Haus aufgehängt gegen böse Zauber und den Teufel schützen! Sie wird zum Teil auch als „Hexen- oder Teufelskraut“ bezeichnet!

Volkstümliche Namen im Zusammenhang mit Bräuchen: Echtes Johanniskraut ist ein wichtiger Bestandteil des geweihten „Kräuterboschen“. Dieser wird an Mariä Himmelfahrt (15. August) in den Kirchen geweiht und soll im Haus aufgehängt gegen böse Geister und Gewitter Abhilfe schaffen. Aus Büscheln der Pflanze wurden auch Büschel (im Schwäbischen als „Wisch“ bezeichnet) hergestellt. Diese können zum Kehren des Ofens eingesetzt werden. Hieraus hat sich der Name „Ofewischle“ entwickelt.

Namensherkunft

Namensherkunft: Der deutsche Name „Johnanniskraut“ soll sich aus der Blütezeit um den Johannistag und damit der Ehrung zu Gunsten von „Johannis dem Täufer“ entwickelt haben. Der Namenszusatz „echtes“ wurde der Pflanze gegeben, da es sich um eines der ersten bekannten Johanniskräuter handelt. Der botanische Gattungsname „Hypericum“ (ὑπέϱικον – „yperikon“) hat zwei vermutliche Ableitungen aus dem altgriechischen.

Theorien zur Namensherkunft: Die erste dieser Ableitungen ist: aus ὑπό (hypo) – zu deutsch: „unter“ – und ἐϱείκη (ereike) – zu deutsch: „Heide“ ab. Dies lässt sich somit mit „unter der Heide wachsend“ übersetzen.

Die zweite Ableitungen ist: aus ὑπέϱ (hyper) – zu deutsch: „über“ und εἰκών (eikon) – zu deutsch: „Bild, Bildnis, Vorstellung“. Da angeblich die Heilkraft der Pflanze über allen Vorstellungen liegt. (Eine weitere unbestätigte Bedeutung könnte sich „wegen der ansehnlichen Blüten“ entwickelt haben.)

Gefährdung der Pflanze

Gefährdung der Pflanze: Echtes Johanniskraut ist auf der Roten Liste Deutschlands als ungefährdet eingestuft.

Verbreitungs-Codes: A, AV, M1, M2, F, K

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert