Bei dieser Pflanze handelt es sich um eine heimische Berglandbewohnerin. Die „gewöhnliche Kuhschelle / Küchenschelle“ (Pulsatilla vulgaris) wurde bereits zur „Blume des Jahres 1996“ gewählt.
~ Schwache Giftpflanze ~
Vorkommen und Verbreitung: Die gewöhnliche Kuhschelle wächst vor allem auf Magerrasen / Trockenrasen, Gebüschen und auf Heiden. Sie bevorzugt dabei warme, kalkhaltige Böden wie sie z.B. auf der schwäbischen Alb zu finden sind. Zum Teil gibt es Sorten, welche als Zierpflanzen in unseren Gärten angepflanzt werden. Die Pflanze ist in fast ganz West- und Mitteleuropa verbreitet. In Deutschland ist sie fast ausschließlich in den Mittelgebirgen anzutreffen. Seltene Ausnahmen bilden noch einzelnen Vorkommen im bayerischen Alpenvorland sowie Reliktbestände im niedersächsischen Wendland.
Pflanzenbeschreibung
Wuchsform: Bei der Kuhschelle handelt sich um eine mehrjährige krautige Pflanze, welche sehr oft kleine Gruppen bildet. Die Pflanze erreicht eine Höhe zwischen 5 bis 25 cm. Unter der Erde bildet sich eine bis zu 1 Meter lange Wurzel aus.
Stängel: Die einzeln stehenden Stängel sind unverzweigt und haben eine deutliche behaarte Oberfläche. Die Blüten sitzen am oberen Ende des Stängels.
Blätter: Die am Grund liegenden Blätter sind leicht behaart und entwickeln sich bereits während der Blüte. Sie sitzen in einer Grundblattrosette. Die einzelnen Blätter bestehen aus fiederspaltigen linearen Blättchen. Pro Blatt können sich bis zu 100 Einzelblättchen . Sie haben eine hellgrüne bis grau-grüne Färbung. Die Blätter erreichen eine Länge von bis zu 10 cm. Die Enden der Blätter laufen spitz zusammen. Die grün gefärbten Hochblattwirtel sind silbrig behaart und sitzen direkt unter der Blüte. Selten kann die Behaarung eine gelbe Färbung.
Blüte: Die Blütenhülle ist strahlig-glockenförmig aufgebaut und hat eine blau-violette Färbung. Die Blüten sind 5 cm bis 13 cm breit. Sie bestehen aus sechs Blütenblättern, welche alle gleich groß sind. Im Inneren der Blüte sitzt der violette Blütenstempel und der gelbe Fruchtknoten. Die um die Blütenstempel wachsenden Staubblätter sind gelb gefärbt. Die Blüten sitzen aufrecht auf den Stängeln. Bei schlechtem Wetter schließen sich die Blüten und senken sich auf den Boden ab. Die Blütezeit reicht von März bis in den Mai.
Frucht: Die Fruchtstände bestehen aus einer Vielzahl von kleinen Samen sowie einem zottigen Federschweif. Bei der Fruchtentwicklung wird der Stängel fast doppelt so lang wie während der Blütezeit. Die Früchte werden als „Federschweifflieger“ bezeichnet.
Verbreitungsmethoden der Pflanze
Verbreitungsmethoden der Pflanze: Bei trockenem Wetter kann der Wind einzelne Samen aus dem Blütenboden reißen und so verteilen. Diese Verbreitungsmethode wird als Meteorochorie bezeichnet. Bei nassem Wetter haften die Früchte am Fell von Tieren an. Die einzelnen Früchte besteht aus einer graubraune 2–5 cm langen Nuss mit einem behaarten Stachel an deren Ende. Das zugespitzte Ende der Samen kann sich in die Erde bohren um dort zu keimen. Die weitere Verbreitung der Pflanze erfolgt durch vegetative Vermehrung über Ableger.
Schwache Giftpflanze – Hinweise zum Umgang
Giftigkeit der Pflanze: Die gesamte Kuhschelle ist in allen Pflanzenteilen giftig. Sie wird aber von Ziegen und anderen Weidetieren für gewöhnlich gemieden. Bei der Entfernung von Pflanzenteilen sollten Handschuhe getragen werden. Die Pflanze wird zum Teil in der Homöopathie verwendet. Ich rate aber von der Selbstmedikation bzw. Benutzung der Pflanze ab. Aufgrund der enthaltenen Gifte ist sie für Menschen giftig! Das Gift kann sich bei Tieren vor allem in der Leber anreichern.
Inhaltsstoffe: Anemonol / Ranunculol (Protoanemonin), Ranunculin sowie Saponine. Vor allem in den frischen Teilen der Pflanze ist das schwache Gift „Protoanemonin“ enthalten.
Symptome einer Vergiftung: Äußerlich führen die Inhaltsstoffe zu Hautreizungen, Schwellungen und einer Blasenbildung mit Entzündungen. Sie haben eine ähnliche Wirkung auf die Schleimhäute im Mund und Rachen. Innerlich zeigt sich eine Vergiftung mit „Protoanemonin“ in Form von Krämpfen und Lähmungserscheinungen. Zudem zeigt sich die Vergiftung zum Teil auch durch Erbrechen und Schwindelgefühl. Die Inhaltsstoffe wirken sich auch auf das Zentrale Nervensystem sowie die Nieren aus. Im schlimmsten Fall kann es zur Atemlähmung und dem Tod kommen.
Giftigkeit für Tiere: Die Kuhschelle ist giftig für Ziegen und andere Weidetiere. Diese meiden aber die Pflanze für gewöhnlich. Das Gift reichert sich vor allem in der Leber der Tiere an.
Volkstümliche Namen & Namensherkunft
Volkstümliche Namen: In der alten Literatur wird die Pflanze unter verschiedenen volkstümlichen Namen geführt. Diese sind unter anderem „Küchenschelle, Kukucksschelle, Schlafblume, Osterblume, Windblume, Schellen-Windrose oder auch Wolfspfote“.
Der deutsche Beiname „Küchenschelle” stammt aus dem altdeutschen ab und leitet sich aus dem Originalwort “Küh-chenschelle”, als Verniedlichungsform von Kuh ab. Der Botaniker Tabern führt dies in den Denkschriften der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften aus. Das gebräuchliche Wort „Küchenschelle“ ist eine unrichtige Form, da die Pflanze keine Anwendung in der Küche findet. Das Wort Osterschelle deutet auf die Blütezeit zu Ostern und ebenfalls die Glockenform hin.
Der Botaniker Leonhart Fuchs* bezeichnete die Pflanze in seinem „Kreüterbuch“ als „Kuchenschell“. Zur Bedeutung führt er aus: „darumb das seine blumen den schellen oder cimbaln gleich seind“. Er vergleicht bereits die Blüten mit Glocken / Schellen.
Zudem besitzt die Pflanze noch weitgehend unbekannte Namen wie „Beizkraut“ (Botaniker Frane), da die Wurzel eine grüne Tinte ergibt. Hiermit wurden früher auch Ostereier gefärbt. Durch ihr zotteliges Aussehen erhielt sie von Reuss den Namen „Wildenmannskraut“.
Der Botaniker Schmeller gab ihr den Namen „Schlottenblume“. Dies begründet er mit einer Ähnlichkeit zu einer groben Leinwand (vermutlich aufgrund der rauen Behaarung).
Der Name „Tagschlaf“ oder auch „Schlafblume“ ist aus der Eigenschaft, das die Blüte auch bei vollem Sonnenschein nickt entstanden.
Namensherkunft: Der lateinische Gattungsname „Pulsatilla“ lässt sich von dem lateinischen Wort „pulsare“ – zu Deutsch: schlagen, läuten – ableiten. Hieraus soll auch der Namensteil „Glocke“ entstanden sein. Der Artname “vulgaris“ leitet sich von „gewöhnlich, alltäglich“ ab.
Gefährdung der Pflanze
Gefährdung der Pflanze: Durch Überdüngung von Wuchsflächen kommt es zu einem Verlust an Populationen. Das Sammeln der Pflanze ist in der freien Natur daher strengstens verboten! Die Kuhschelle steht unter besonderem Schutz durch die Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV). Nach dieser gilt sie als streng geschützte Art. Es darf somit auf keinen Fall gepflückt oder ausgegraben werden! Die wilde gewöhnliche Kuhschelle (Küchenschelle) ist in gesamt Deutschland als gefährdet eingestuft. Dennoch sind in einzelnen Bundesländern andere Gefährdungsgrade wie folgt definiert,
- Deutschland: gefährdet (Status: 3)
- Baden-Württemberg: gefährdet (Status: 3)
- Bayern: gefährdet (Status: 3)
- Berlin: Art ausgestorben (Status: 0 – seit 1856)
- Brandenburg: vom Aussterben bedroht (Status: 1)
- Hamburg: Art ausgestorben (Status: 0 – seit 1945)
- Hessen: gefährdet (Status: 3)
- Mecklenburg-Vorpommern: ungefährdet (Status: *)
- Niedersachsen: Art ausgestorben / stark gefährdet (Status: 0 – Bergland / 2 – Tiefland)
- Nordrhein-Westfalen: gefährdet (Status: 3)
- Rheinland-Pfalz: gefährdet (Status: 3)
- Saarland: Art ausgestorben (Status: 0)
- Sachsen-Anhalt: stark gefährdet (Status: 2)
- Sachsen: vom Aussterben bedroht (Status: 1)
- Schleswig-Holstein: vom Aussterben bedroht (Status: 1)
- Thüringen: gefährdet (Status: 3)
Verbreitungs-Codes: AV, M1, M2, F
*Leonhart Fuchs (* 17. Januar 1501 in Wemding bei Donauwörth; † 10. Mai 1566 in Tübingen)