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Eine der giftigsten Schönheiten im Pflanzenreich, die „schwarze Tollkirsche“ (Atropa belladonna) – denn Belladonna steht für „die Schöne Frau“.
~ Giftpflanze des Jahres 2020 ~
~ Starke Giftpflanze ~
Vorkommen und Verbreitung: Die schwarze Tollkirsche wächst wild vor allem auf Kahlschlägen, an Waldwegen, zum Teil auch Waldrändern und Äckern. Sie ist in ganz Europa, Asien und Nordafrika zu finden. Zudem wird sie zum Teil auch in Osteuropa, China und Russland gezüchtet. In den europäischen Gebirgen ist sie auf einer Höhe von bis zu 1.700 Metern ü. N.N zu finden.
Pflanzenbeschreibung
Wuchsform: Die Pflanze hat eine strauchförmige Wuchsform und erreicht eine Wuchshöhe von 50 cm bis 150 cm. In selteneren Fällen sind auch Wuchshöhen von bis zu 2 Metern möglich. Sie besitzt dabei einen sehr stark verzweigten Wuchs. Die Haupttriebe sind oft leicht verholzt. Die Stängel haben zudem eine leichte flaumige Oberfläche. Die Färbung der Stängel kann von grün bis bräunlich reichen. Die Wurzel besteht aus einer pfeilförmigen Rübe und ist sehr stark an den Oberfläche verästelt. Die Pfahlwurzel kann eine Länge von bis zu 1 Meter erreichen. Der Geruch der aufgebrochenen Wurzel ist sehr penetrant und unangenehm. Die äußere Schale der Wurzel ist leicht gelblich. Im Inneren ist die Wurzel weiß gefärbt.
Blätter: Die schwarze Tollkirsche besitzt eiförmige Blätter, die bis zu 20 cm lang und 10 cm breit werden können. An der Spitze laufen diese zusammen. Alle Blätter sind mit einer Vielzahl von feinen Haaren besetzt. Der Blattrand ist in den meisten Fällen ganzrandig. Die etwas abgesenkten Blattadern sind durch ihre hellere / seltener weißliche Färbung deutlich erkennbar. Die Blattunterseite ist grau-grün gefärbt.
Blüten: Die Blüten haben eine braun-violette Färbung. Sie bestehen aus 5 miteinander verwachsenden Blütenblättern. Die Blüte erreicht eine Länge von bis zu 3 cm. und 2 cm Durchmesser. Die gesamte Blütenglocke ist leicht behaart. Die Innenseite der Blüte weist eine leichte Grünfärbung auf. Die Blütennarbe hat einen grünlichen Schein. Um die Blütennarbe bilden sich 5 gelb gefärbte Staubblätter. Die Blütezeit reicht von Juni bis in den August.
Frucht: Die unreife Frucht hat eine grüne Farbe. Diese wird durch die enthaltenen Anthocyane während der Reifung schwarz. Die Beeren sind sehr giftig! Die Oberfläche hat einen leichten Glanz. Der Kelch auf dem die Beere sitzt ist zu einem Stern ausgebreitet.
Giftpflanze – Hinweise zum Umgang
Giftigkeit der Pflanze: Alle Teile der Pflanze sind hochgradig giftig. Sie sind daher nicht für die menschliche Ernährung geeignet. Die Beeren haben einen sehr hohen Anteil an giftigen Stoffen und sollten auf keinen Fall gegessen werden. Die restlichen Teile der Pflanze sollten nicht ohne Handschuhe berührt werden und die Haut nicht in Kontakt mit dem Saft kommen. Auch wenn die Pflanzenteile getrocknet ist wird die Pflanze noch als giftig angesehen!
Inhaltsstoffe: In der gesamten Pflanze, sowie vor allem in den Beeren sind diverse Giftstoffe enthalten. Das sehr bekannte Hyoscyamin (wird auch als Atropin bezeichnet) ist vor allem in der Beere enthalten. Diese enthalten zudem auch die Giftstoffe „Scopolamin, Apoatropin, Belladonnin und Scopoletin“. Neben diesen sind auch die besonders giftigen „Tropan-Alkaloide“ – L-Hyoscyamin – enthalten.
Gesamt-Alkaloidgehalt in den Pflanzenteilen: Blätter 0,3 – 1 %, Wurzeln 0,5 bis 1,5 % und Samen 0,8 %.
LD50: Bei Kindern liegt eine tödliche Dosis bereits bei wenigen Beeren vor, bei Erwachsenen etwa ab 10 bis 20 Beeren (je nach körperlicher Verfassung vor Einnahme der Beeren). Etwa 100 mg reines Atropin bzw. 10 mg (S)-Hyoscyamin gilt als die Untergrenze für eine schwerwiegende Vergiftung / tödlich verlaufende Vergiftung. – Quelle: EMEA Je nach Zusammensetzung der Stoffe in der Pflanze kann es zu einer leichten bis schweren Vergiftung kommen.
Symptome einer Vergiftung: Die in den Beeren enthaltenen Tropan-Alkaloide wirken vor allem krampflösend. Atropin führt zu Mundtrockenheit, erweiterten Pupillen. In einer hohen Dosis führen beide Gifte zu einem halluzinogenen Effekt. Dabei wirken sich diese auf das Zentrale Nervensystem aus. Hierbei kann es zu Sehstörungen, Hitzegefühle und Tachykardie kommen. Der Exitus tritt nach einer komatösen Phase durch Atem- oder Herzstillstand ein. Die Vergiftung muss innerhalb der ersten Stunde nach Aufnahme des Gifts behandelt werden. Bei einer Vergiftung wird das Antidot „Physostigmin“ eingesetzt.
Verwendung als Gegengift
Verwendung als Gegengift: Es wird in der Medizin verwendet um den „Parasympathikus“ zu blockieren. Das Atropin unterbricht die Signalübertragung in den Nervenleitungen. Es wird durch diese Wirkung bei einer Vergiftung mit Pflanzenschutzmitteln (vor allem bei Insektiziden) verwendet.
Namensherkunft
Namensherkunft: Der botanische Gattungsname “Atropa“ leitet sich von dem griechischen Wort “ἂτϱοπς“ (atropos) ab – zu deutsch “unabwendbar“. Die Pflanze hat somit eine Verbindung zur griechischen Mythologie. Darin wird eine der drei Moiren als “Atropos“ – zu deutsch “die Unabwendbare“ bezeichnet. Sie wird als die Zerstörerin des Lebens angesehen. Eine Vergiftung mit der Pflanze – ohne Gegenmaßnahmen – führt unausweichlich zum Tod. Der botanische Artname „belladonna“ ist aus dem italienischen Wort “bella donna“ entlehnt -> siehe hierzu auch “volkstümliche Namen“.
Volkstümliche Namen
Volkstümliche Namen: Die schwarze Tollkirsche ist unter verschiedenen volkstümlichen Namen bekannt. “Bockwurz, Höllenkraut, Irrbeere, Mörderbeere, Teufelsbeere, Wolfsbeere, Belladonna, Schlafkirsche und Teufelskirsche“. Einige der Pflanzennamen werden im folgenden näher erklärt:
- Die schwarze Tollkirsche wird unter anderem als „Wolfsbeere“ bezeichnet. Das weist auf die Giftigkeit der Pflanze hin. Eine Vergiftung mit der Beere führt zu einem „tollwutähnlichen Zustand“ bei Menschen. Für die früheren Menschen brachten dies in Verbindung mit dem Wolf. In alten Fachbüchern wird sie oft tatsächlich noch als „Wolfsbeere“ bezeichnet. Ein Beleg für die Verwendung des Namens lieferte auch der Botaniker „Marzell“ in seinem Buch „Die Tiere in deutschen Pflanzennamen“.
- Der lateinische Name „Belladonna“ bedeutet so viel wie „schöne Frau“. Zum Ersten mal wurde dieser Name im 16. Jahrhundert in Venedig verwendet. Es diente als Bezeichnung für die blutrote, aus den Beeren hergestellte, Schminke. Als botanische Zeichnung wird das Wort „belladonna“ zum ersten Mal in Matthiolus Werk: „Commentatii“ aus dem Jahr 1558 erwähnt.
- Weitere Namen sind auch „Schlafkirsche“ oder „Teufelskirsche / Teufelsbeere“. Diese beschreiben vor allem die Giftwirkung der Beeren. Denn die enthaltenen Gifte führen zu einem schlafähnlichen Koma.
4. Der alte Name „Twalm“ im Englischen als „Dwale“ bezeichnet, stammt von dem gothischen Wort dwala. Dies bedeutet so viel wie wahnsinnig. Denn die in der Pflanze enthaltenen Gifte machen den Menschen im wahrsten Sinne des Wortes wahnsinnig.
- Im Englischen gibt es auch noch den weiteren Namen „Deadly Nightshade“ – Auch dieser weist deutlich auf die Giftigkeit der Pflanze hin.
- Der Name “Höllenkraut“ stammt von der Giftwirkung der Pflanze ab. Hierbei wurden vor allem Giftpflanzen mit dem Teufel und der Hölle in Verbindung gebracht.
Mythen und Gedichte
Im englischen Volkstum gibt es einen Reim, der auf die Symptome der Pflanze hinweist. Dieser wird auch oft als Merkspruch verwendet.
“Hot as a hare,
Blind as a bat,
Dry as a bone,
Red as a beet,
Mad as a hatter“
Spekulationen um die Pflanze
Mögliche Verwendung bei der Herstellung von Hexensalben: Der folgende Abschnitt kann nur schwer mit Belegen gesichert werden. Die folgenden Erläuterungen sollten daher mit Vorsicht zu genießen. Im Mittelalter galt die Pflanze als wichtiger Bestandteil der sogenannten „Hexensalben“. Zusammen mit Auszügen von weiteren Nachtschattengewächsen und einer Vielzahl von weiteren Pflanzen soll sie zu „Flugerlebnissen und Halluzinationen“ geführt haben. Bereits in den antiken Erzählungen des Lucius Apuleius (um 125 – 180 n. Chr.) – „Goldener Esel“ – lassen sich Nachweise zu den berühmten Hexensalben finden. Diese sollen den Hexen zum „Fliegen“ verholfen haben. Auch in anderen Quellen sind ähnliche „Erzählungen“ zu finden. Wissenschaftlich gesehen führten die hergestellten Salben beim Auftragen auf die Haut zu Halluzinationen. Ein Nachweis ob dies tatsächlich möglich ist, ist nicht gesichert belegt. Von der eigenmächtigen Herstellung und Verwendung nach den alten „Rezepten“ muss dringend aufgrund der Giftigkeit einzelner Bestandteile abgeraten werden.
Gefährdung der Pflanze
Gefährdung der Pflanze: Die schwarze Tollkirsche steht auf der Roten Liste Deutschlands als ungefährdet.
Verbreitungs-Codes: A, AV, M1, M2, F, K