Vogel-Nestwurz

Ein Vollschmarotzer mit ungewöhnlicher Blütenfarbe unter den Orchideen – der Vogel-Nestwurz besitzt kein Chlorophyll und ist daher nicht grün wie andere Pflanzen.

Vorkommen und Verbreitung: Der Vogel-Nestwurz ist vor allem in schattigen Laub- und Nadelwäldern sowie Mischwäldern anzuteffen. Besonders auf der Schwäbischen Alb ist die Pflanze häufig vertreten. Sie bevorzugt dabei nährstoffreiche Standortem die einen hohen Kalkanteil besitzen. Es handelt sich um eine typische Art für Kalk-Buchenwälder. In den Alpen ist die Pflanze auf bis zu 1.500 Metern Höhe zu finden. Der Vogel-Nestwurz ist in fast ganz Europa verbreitet. Im Norden Deutschlands ist sie dabei aber seltener als im Süden.

Pflanzenbeschreibung

Wuchsform: Die Pflanze besitzt keine grünen Blätter aus – die Blätter sind bereits frisch auch braun gefärbt. Es bilden sich zudem die dicht besetzten, hellbraun bis weiß gefärbten Blütenstände aus. Sie erreichen eine Wuchshöhe zwischen 15 bis 40 cm – seltener können die Pflanzen auch bis zu 60 cm hoch werden. Der Vogel-Nestwurz hat unter der Erde ein verdicktes, fleischiges Rhizom, welches auch zur Überwinterung dient. An diesem bilden sich die nestartigen, miteinander verflochtenen Wurzeln aus. Die Stängel sind ebenfalls verdickt.

Blätter: Dicht über dem Boden können sich zwischen ein bis vier weißliche / bräunliche, linear aufgebaute Blättchen aus. Die Enden der Blätter sind meist spitz zulaufenden bis seltener auch rundlich aufgebaut.

Blüten: Am Stängel sind die Blütenstände dicht mit Blüten besetzt. Die Einzelblüten haben eine braun bis gelb-braune Färbung und besitzt eine doppelte Unterlippe. Die obere Lippe ist dreiteilig und hat einen nach vorne herausstehenden „Dorn“, welcher eine hellere Farbe hat. Die einzelnen Blüten haben einen insgesamt zygomorphen Aufbau.

Früchte: Es handelt sich bei den Früchten um eine Kapselfrucht, die oval aufgebaut ist. Sie besitzt aus sechs Fruchtkammern mit wulstigen Kanten. Diese sind sehr oft kahl oder nur mit wenigen Drüsenhaaren besetzt. Die Fruchtreife reicht von August bis in den Oktober.

Besonderheiten der Pflanze

Besonderheiten der Blüte: Im Schlund der Blüten sitzt eine kleine Einbuchtung in welcher sich der Nektar sammelt. Die oberen Blütenteile bilden eine Art von Helm aus, in welcher die zwei herzförmigen Staubbeutel sitzen. Pollen der Blüten sind hellgelb gefärbt und sitzt in einem Pollinium (klebrige Pollenmasse) im Schlund der Blüte. Pro Blüte bilden sich zwei hiervon aus (Staubbeutel!). Die Narbe ist einlappig aufgebaut. Auf der Unterlippe ditzt das reizempfindliche Rostellum, dass durch leichten Druck den Mechanismus der Blüte zum „ankleben der Pollenmassen“ auf dem Bestäuber auslöst. Die Bestäubung der Blüten erfolgt durch verschiedene nektarsuchende Wespen sowie diverse Fliegen. Die Blütezeit der Pflanze reicht von Mai bis in den Juli.

Ernährungsweise der Pflanze

Ernährungsweise der Pflanze: Es handelt sich bei dem Vogel-Nestwurz um einen Vollschmarotzer, das heisst, die Pflanze hat kein Chlorophyll und kann daher keinen Zucker durch Photosynthese herstellen und kann auch nicht eigenständig Nährstoffe aus dem Boden aufnehmen. Sie können daher nur in Symbiose mit einem Pilz wachsen und ernähren sich daher parasitisch von Stoffen, die zuvor durch den Pilz verdaut und transportiert wurden. Als Keimlinge sind die meisten Orchideen auf eine Mykorrhiza-Symbiose mit einem Nährpilz angewiesen, bilden aber später gewöhnlich Chlorophyll zur Photosynthese und ein Wurzelsystem zur eigenständigen Nährstoffaufnahme. 1

Namensherkunft

Namensherkunft: Der botanische Gattungsname „Neottia“ leitet sich von dem altgriechischen Wort „νεοττία“ ab. Dies wird als abgeschwächte Form von „νεοσσία“ – zu deutsch: nisten – angesehen. Siehe hierzu Fußnote: 2 3

Der botanische Artname lässt sich von den Worten „nidus“ (aus dem lateinischen – zu deutsch: Nest) und „avis“ (aus dem lateinischen – zu deutsch: Vogel) zusammensetzen. Siehe hierzu Fußnote: 4 5

Gefährdung der Pflanze

Gefährdung der Pflanze: Durch die starke Forstwirtschaft gilt die Pflanze in manchen Regionen bereits als gefährdet. Auf der Roten Liste von Deutschland ist der Vogel-Nestwurz als ungefährdet eingestuft. Die einzelnen Gefährdungsgrade in den Bundesländern sind wie folgt:

  • Deutschland: ungefährdet (Status: *)
  • Baden-Württemberg: ungefährdet (Status: *)
  • Bayern: ungefährdet (Status: *)
  • Brandenburg: Stark gefährdet (Status: 2)
  • Berlin: Ausgestorben (Status: 0 – 1978)
  • Hamburg: Ausgestorben (Status: 0 – 1984)
  • Hessen: ungefährdet (Status: *)
  • Mecklenburg-Vorpommern: nicht bewertet (Status: n/b)
  • Niedersachsen: Stark gefährdet (Status: 2)
  • Nordrhein-Westfalen: gefährdet (Status: 3)
  • Rheinland-Pfalz: nicht bewertet (Status: n/b)
  • Saarland: nicht bewertet (Status: n/b)
  • Sachsen-Anhalt: nicht bewertet (Status: n/b)
  • Sachsen: Stark gefährdet (Status: 2)
  • Schleswig-Holstein: vom Aussterben bedroht (Status: 1)
  • Thüringen: nicht bewertet (Status: n/b)

Verbreitungs-Codes: A, AV, M1, M2, F, K


  1. Danke an @rolandgromes ↩︎
  2. Handwörterbuch der griechischen Sprache – Wilhelm Pape (1807–1854) ↩︎
  3. Die etymologie der phanerogamennomenclatur ↩︎
  4. Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch – Eintrag nidus – Karl Ernst Georges (1806–1895) ↩︎
  5. Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch – Eintrag avis – Karl Ernst Georges (1806–1895) ↩︎

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