Wald-Engelwurz

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Eine im Mittelalter vermutlich gegen Pest genutzte Heilpflanze mit einem Engel im Namen. Es handelt sich dabei um den Wald-Engelwurz.

Vorkommen und Verbreitung: Der Wald-Engelwurz ist in ganz Nordeuropa und Nordasien anzutreffen. Die Pflanze wächst dabei vor allem in Deutschland im Mittelgebirge und Teilweise im Hochgebirge (in Alpennähe). Diese Engelwurz-Art ist vor allem an Flussufern und Nasswiesen anzutreffen. Dabei gibt es noch weitere spezielle Lebensräume für die Pflanze, diese sind unter anderem: Hartholz-Auenwälder (Ulmen / Eichen / Eschen), Mädesüßfluren, Feucht- und Nasswiesen, Sumpfdotterblumen-Wiesen sowie Brennnessel-Griesch-Säume. In den Alpen ist die Pflanze auf einer Höhe von bis zu 1.600 Metern zu finden. Der Wald-Engelwurz gedeiht auf feuchten, nährstoffreichen Böden. Zum Teil kann die Pflanze auch auf Felsen angetroffen werden.

Pflanzenbeschreibung

Wuchsform: Der Engelwurz ist eine krautige, mehrjährige (teilweise zweijährige) Pflanze und erreicht eine Wuchshöhe von 50 bis zu 200 Zentimetern. Die Stängel sind im unteren Teil leicht eingekerbt und bereift. Sie haben einen zylindrischen Aufbau und besitzen zudem eine dunkelpurpurne Färbung. Im Inneren sind die Stängel hohl. Am unteren Ende der Pflanze bildet sich eine tief in den Boden reichende Pfahlwurzel. Die Stängel und Wurzeln bilden für bis zu 65 verschiedene Tierarten eine Überwinterungsmöglichkeit. Im Winter sterben die oberirdischen Teile der Pflanze ab.

Blätter: Die Blätter sind zwei- bis vierfach gefiedert. Die einzelnen Blättchen haben eine eiförmig-lanzettliche Form. Der Rand der Blätter ist leicht eingesägt. Auf der Unterseite sind sie heller als auf der Oberseite gefärbt. Die Blattfarbe ist ein kräftiges dunkelgrün. Beim Zerreiben der Blätter haben diese einen aromatischen Geruch. Die Blattstiele sind rundlich aufgebaut. Die Blätter können bis zu 12 cm lang werden.

Blüten: Die Blüte des Engelwurz besteht aus 20 bis 40 Einzeldolden, welche zusammen jeweils eine Blütenkrone ergeben. Die Kronblätter sind weißlich. Die dünnen Doldenstrahlen zu den Blüten sind flaumzottig behaart. Die Blüten bilden sich nur einmal pro Lebenszyklus. Dieser kann unter guten Bedingungen 8 bis 10 Jahre pro Pflanze betragen. Pro Blütchen bilden sich bis zu drei Hüllblätter. Die Scheinblüten werden vor allem durch Insekten, wie Schwebfliegen und Schmetterlinge bestäubt. Die Blütezeit reicht von Mai bis in den August.

Früchte: Die Früchte bilden sich in der Blütendolde aus. Die einzelnen Früchte der Pflanze sind 4 bis 5 mm lang und 3 bis 4 mm breit. Sie haben eine ähnliche Form zu flachen Haselnüssen. Zu Beginn haben sie eine grünliche Färbung. Später zu braun überlaufend. Die Früchte werden unter anderem durch Wind und Wasser verbreitet.

Namensherkunft & Volksglauben

Namensherkunft & Volksglauben: Der botanische Gattungsname „Angelica“ stammt aus dem mittelalterlichen Wort für die Pflanze. Der Gattungsname leitet sich von lateinischen Wort „angelus“ (was im Deutschen so viel wie „Engel“ bedeutet) ab. Der botanische Artname „sylvestris“ kann mit „wild“ ins Deutsche übersetzt werden.

Der deutsche Namensteil „Engel“ ist auf die Heilwirkung der Pflanze zurückzuführen. Denn die vielfältige Wirkung wurde im Mittelalter als von „Engeln“ gegeben angesehen. Der Zusatz „Wurz“ hat in diesem Fall nur die Bedeutung von Pflanze.

Nach dem Aberglauben soll das Kraut alles Böse und Zauberei abwehren. Den Überlieferungen nach sollen kräuterkundige Mönche die Verwendung der Pflanze gegen Pest durch Engel erfahren haben.

Volkstümliche Namen: Zudem gibt es in den regionalen Dialekten, vor allem in Süddeutschland, der Schweiz und Österreich verschiedene volkstümliche Namen: Guga (im Raum um St. Gallen), Wilde Brustwurz (nach der früheren Verwendung der Pflanze bei Lungenkrankheiten) und Wilde Angelika. Auf den Gattungsnamen beziehen sich unter anderem die volkstümlichen Namen „Heiligwurz oder Heiliggeistwurz“. Aus den pulverisierten Samen wurde ein Mittel gegen Ungeziefer hergestellt – hieraus soll der Name „Lauskraut“ (nicht zu verwechseln mit dem Sumpf-Läusekraut“) entstanden sein. Auf den hohlen Stängel der Pflanze bezogen gibt es im Schwäbischen noch die Namen „Blasrohr, Pfeifewurz sowie Bläsle“. Diese sind aus der teilweisen Verwendung als Pfeifen entstanden.

Verwendung als Heilpflanze

Frühere Verwendung als Heilpflanze: Früher wurde die Pflanze gegen Husten und Magenleiden verwendet. Sie wurde zudem im Mittelalter als Mittel gegen Pest verwendet. Eine solche Wirkung ist aber wissenschaftlich nicht belegt. In Losch Kräuterbuch wird eine Verwendung als „Radix Angelicae silvestris“ / „Angelicae silvestris offizinell“ durch Kneipp angegeben. Dabei werden die Eigenschaften als schwächer als bei der Arznei-Engelwurz angesehen. Sie soll als „reizend, erwärmend“ wirken. Nach Kneipp wurde aus der Wurzel, den Samen und den Blättern ein Tee hergestellt. Dieser soll die „schlechten Stoffe“ aus dem Blut ableiten. Die Pflanze soll zudem den Magen erwärmen, Sodbrennen bekämpfen sowie Blähungen fördern. Es kann auch den Schleim in der Lunge lösen – Hieraus soll der Name „Luft- oder Brustwurzel“ entstanden sein.

Heutige Verwendung als Heilpflanze: Der Wald-Engelwurz kann zum Teil, ähnlich wie der Arznei-Engelwurz verwendet werden. Heutzutage wird diese Art der Engelwurze nicht mehr in der Medizin verwendet. Ein Ersatz bildet der echte „Arznei-Engelwurz“. Die folgenden Pflanzenteile sind verwendbar:

  • junge Blätter und Stängel (frisch)
  • Samen (im reifen Zustand)
  • Wurzel (getrocknet)

Vor allem die Wurzel hat einen starken Geruch und Geschmack. Sie hat zudem eine braungraue bis rötliche Färbung. Beim trocknen und einlagern sollte darauf geachtet werden, dass keine Insekten in der Wurzel enthalten sind. Ein Insektenbefall der Wurzel ist bei Wildpflanzen nicht auszuschließen. Es sollte daher eher auf in der Apotheke erhältliche Präparate zurückgegriffen werden. Es wird von einer Selbstmedikation mit der Pflanze abgeraten.

Wirkungsweise der Pflanze: Die Pflanze wirkt Verdauungsfördernd, appetitanregend, windtreibend, harntreibend.

Inhaltsstoffe: ätherische Öle, Bitterstoffe (u. a. Sesquiterpene), Gerbstoffe, Furanocumarine, Harze, Wachs, Stärke, Pektin und Zucker.

Nebenwirkungen der Pflanze: Durch die Verwendung der Pflanze kann es bei einer Überdosierung zu körperlichen Schäden kommen, da sich die Inhaltstoffe auch zum Teil auf das Zentralnervensystem auswirken. Die enthaltenen Furanocumarine machen die anwendende Person zudem lichtempfindlich und führen zu Hautreizungen.

Gefährdung der Pflanze

Gefährdung der Pflanze: Der Wald-Engelwurz wird auf der Roten Liste von Deutschland als nicht gefährdet eingestuft. Die Pflanze steht dennoch bereits auf einigen regionalen Roten Listen mit der Vorwarnstufe. Die einzelnen Gefährdungsgrade sind wie folgt:

Baden-Württemberg: ungefährdet (Status: *)

Bayern: ungefährdet (Status: *)

Berlin: Vorwarnstufe (Status: V)

Brandenburg: Vorwarnstufe (Status: V)

Bremen: n/a

Hamburg: Vorwarnstufe (Status: V)

Hessen: ungefährdet (Status: *)

Niedersachsen: n/a

Nordrhein-Westfalen: ungefährdet (Status: *)

Rheinland-Pfalz: ungefährdet (Status: *)

Sachsen: ungefährdet (Status: *)

Sachsen-Anhalt: ungefährdet (Status: *)

Schleswig-Holstein: ungefährdet (Status: *)

Saarland: ungefährdet (Status: *)

Thüringen: ungefährdet (Status: *)

Verbreitungs-Codes: A, AV, M1, M2, F, K

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