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„Echtes Labkraut“ (Galium verum) soll von unseren Vorfahren zur Käseherstellung genutzt worden sein. Nur hierbei handelt es sich um eine große Lüge! Warum dies so ist, erfahren Sie im folgenden Beitrag. Die Pflanze wurde nach älteren Quellen zum Teil zur Herstellung von einer Art rotem Farbstoff verwendet.
Vorkommen und Verbreitung: Echtes Labkraut bevorzugt vor allem trockene, lehmige Standorte. Die Pflanze ist in Wäldern, Gräsern, an Straßen und in dürren Unkrautgesellschaften anzutreffen. In den Alpen ist diese Labkraut-Art auf Höhenlagen von bis zu 1.150 Metern anzutreffen. Sie hat sich auf einige wenige Standorte spezialisiert. Zu diesen zählen unter anderem Lehm- oder Lössböden, Kiefernwälder, Trespen-Halbtrockenrasen, Kalk-Pfeifengraswiesen, Säume kalkarmer Standorte sowie Böschungen (von Straßen).
Pflanzenbeschreibung
Wuchsform: Die unscheinbar aussehende Pflanze kann eine Höhe von 20 bis 80 cm (seltener 1 Meter) erreichen. Der Wurzelstock wächst meist kriechend über dem Boden. Die Stängel der Pflanze haben eine gelbrote Färbung und sind mit feinen, kurzen Haaren besetzt.
Blätter & Stängel: Die Blätter sind nadelförmig, länglich aufgebaut und in einem Quirl am Stängel angeordnet. Der Rand der Blätter ist leicht umgerollt. Das Ende der Blätter läuft in einem spitzen Stachel zusammen. Auf der Unterseite besitzen sie eine dichte, graue Behaarung. Die Blütenstände sitzen am Ende der Stängel.
Blüten: Die Blüten sitzen in einer vom Stängel abstehenden Rispe. Pro Blütenstand bilden sich viele Einzelblüten. Diese sind nur wenige Millimeter groß und besitzen eine dunkelgelbe Färbung. Die Blüten stehen an einem kurzen Stiel. In der Mitte der Blüte sitzen vier bis sechs Staubblätter. Die Blüten verströmen einen leichten Honig-Duft. Jede der Blumenkronen besitzt vier Blütenblätter. Die Blütezeit reicht von Juni bis in den September.
Verwendung der Pflanze als Farbstoff
Verwendung als Farbstoff: Aus der Wurzel kann ein roter Farbstoff hergestellt werden. Dieser eignet sich zum Teil zum Färben von Wolle und Kleidungsstücken. Über die Beständigkeit des Farbstoffes wurden aber bis dato noch keine genaueren Forschungen – Anmerkung des Redners: zumindest ist in den eigenen Recherchen nichts aufzufinden – durchgeführt worden. Die Pflanze ist heutzutage aber nicht mehr in der Industrie relevant, da es viele verschiedene synthetische Farbstoffe gibt. Für den Eigengebrauch ist die Pflanze auch nicht zu verwenden, da sie zum Teil bereits als gefährdet auf der Roten Liste steht. Der Farbstoff ist vor allem in der Wurzel enthalten.
Verwendung als Zusatz zu Käse: Durch den in der Wurzel enthaltenen Farbstoff wurde früher zudem der Chesterkäse (eine eingefärbt. Der Käse hat durch die Zugabe des Farbstoffs eine dunkelgelbe bis leicht orange Farbe erhalten. – Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder
Weitere Verwendungsmöglichkeiten
Verwendung als Wildgemüse: Diese Art des Labkraut kann als Zugabe zum Salat verwendet werden. In der Enzyklopädie der Essbaren Wildpflanzen wird sie als „mild schmeckend“ beschrieben. Aus eigenen Tests würde ich sie aber aufgrund ihres teilweise doch bitteren Geschmacks nur sehr selten empfehlen.
Frühere Verwendung als Heilpflanze: Früher wurde die Pflanze als „reinigendes“ Mittel eingesetzt (Anmerkung des Redners: worauf sich dies bezieht ist unbekannt). Es soll zudem gegen Nasenbluten und zum Stillen von Blutungen eingesetzt worden sein. Im Buch „Das große Buch der Heilpflanzen“ des Apothekers M. Pahlow wird die Pflanze als wassertreibend angesehen. Hierin ist auch ein Rezept für einen Labkrauttee gegen Nierenleiden angegeben. Es handelt sich dabei aber wohl um ein „Hausmittelrezept“. Das echte Labkraut hat heutzutage keine medizinische Bedeutung mehr, da die Anerkennung in der Schulmedizin fehlt. Zum Teil wurde das Labkraut durch den Volksmund bei Nieren- und Blasenerkrankungen und bei schlecht heilenden Hautverletzungen empfohlen. Es gibt aber einige Kräuter die hier eine besser Möglichkeit darstellen. Von der Verwendung wird nicht explizit abgeraten, aber es ist nicht von großer Bedeutung in der Heilkunde.
Die Lüge: „Labkraut lässt den Käse gerinnen“
Die große Lüge: In vielen Fachbüchern und alten Schriften ist das folgende zu lesen: „Die Blüten des echten Labkraut wurden als Labmittel für Milch verwendet.“ So wird bereits in Disocorides Schriften (hier ist eine englische Übersetzung zu finden / hier wird ein Originaltext zitiert) eine Angabe als „Labersatz“ zu finden. Sie sollen die Pflanze zur Gerinnung von Käse eingesetzt haben. Dies ist nach der Meinung von dem Botaniker Adrian Möhl, Liz. phil. nat., Verfasser des Buches „Flora amabilis“, eine Lüge. „Es gibt keine nachgewiesenen Inhaltstoffe in der Pflanze die eine solche Wirkung auslösen können.“ – Durch weitere Recherchen eines auf pflanzliche Inhaltstoffe spezialisierten Chemikers ist eine geringe Menge an Labenzym in der Pflanze nachweisbar. Diese ist aber bei weitem nicht ausreichend für eine zufriedenstellende Gerinnung von Milch.
Über die Inhaltsstoffe der Pflanze: Das echte Labkraut enthält eine Vielzahl von Inhaltsstoffen. Diese schwanken je nach Standort und Pflanze zum Teil sehr stark. Es ist eine kleinere Menge an „pflanzlichem Labenzymstoffen“ enthalten. Diese sind nach Meinung von Experten aber nur in so geringer Menge vertreten, dass eine Gerinnung der Milch in „normalen Mengen“ sehr unwahrscheinlich erscheint. Es würde in der vorhandenen Konzentration eine sehr große Menge der Pflanze als Voraussetzung für eine Gerinnung notwendig sein. Die einzelnen Inhaltstoffe der Pflanze sind wie folgt: Iridoidglykoside wie Asperulosid, Monotropein, Scandosid, Deacetylasperulosidsäure, Giniposidsäure und Asperulosidsäure. Die aus dem Kraut hergestellte medizinische Droge enthält zudem einen roten Farbstoff (vor allem in den Wurzeln), ca. 0,001 % Labenzym und 0,0065 % den Blütenduft bedingendes ätherisches Öl. Im Weiteren sind vorhanden: n-Alkane, Flavonoidglykoside (Quercetin-3-glucosid, -7-glucosid, -3,7-diglucosid, und Luteolin-7-glucosid), zudem Palustrosid, Rutosid und Chlorogensäure.
Volkstümliche Namen und Namensherkunft
Volkstümliche Namen: Echtes Labkraut ist in alten Fachbüchern und im Volksmund unter weiteren Namen bekannt. Diese sind unter anderem Bettstroh, Herrgottsstroh und Liebfrauenbettstroh. Die volkstümlichen Namen „Bettstroh / Herrgottsstroh / Liebfrauenbettstroh“ sollen aus einer früheren Anwendung der Pflanze entstanden sein. Während und nach Geburten wurden Frauen verschiedene Pflanzen unter das Bett gelegt. Hierzu gehörte auch das Labkraut. Es sollte zur Beruhigung und dem Schutz der Mutter beitragen. Ein wissenschaftlicher Beleg hierfür ist nicht vorhanden!
Namensbedeutung: Der botanische Gattungsname „Galium“ stammt von dem altgriechischen Wort „Gala“ ab. Dies hat die Bedeutung von „Milch“. Es wird oft hierzu der Fakt genannt, dass dies auf die „Verwendung der Pflanze“ als Labersatz zurückgreift – denn diese ist seit über 2.000 Jahren (bereits zu Zeiten der Griechen) bekannt – dies ist faktisch aber falsch! Eine Herkunft des Gattungsnamens kann somit nicht nachgewiesen werden. Der deutsche Name „Labkraut“ wurde vermutlich auf den griechischen / lateinischen Namen angepasst. Der botanische Artname „verum“ stammt aus dem lateinischen und bedeutet im Deutschen „das Wahre“. Hiermit lässt sich unter anderem auch der deutsche Namenszusatz „Echtes“ erklären. Der deutsche Name der Pflanze „echtes Labkraut“ deutet somit auf die Übersetzungen aus dem botanischen Gattungs- und Artnamen hin.
Futterpflanze für Schmetterlingsraupen
Futterpflanze für Schmetterlingsraupen: Beim echten Labkraut handelt es sich um eine wichtige Futterpflanze für die Raupen des kleinen Weinschwärmers und des Taubenschwänzchens.
Gefährdung der Pflanze
Gefährdung der Pflanze: Bisher ist das echte Labkraut in gesamt Deutschland als ungefährdet eingestuft. Dennoch sind in einzelnen Bundesländern andere Gefährdungskategorien wie folgt definiert,
– Deutschland: ungefährdet (Status: *)
– Bayern: ungefährdet (Status: *)
– Berlin: ungefährdet (Status: *)
– Hamburg: gefährdet (Status: 3)
– Hessen: ungefährdet (Status: *)
– Mecklenburg-Vorpommern: ungefährdet (Status: *)
– Nordrhein-Westfalen: Vorwarnstufe (Status: V)
– Sachsen: Vorwarnliste (Status: V)
– Schleswig-Holstein: ungefährdet (Status: *)
Echtes Labkraut ist wegen der Kreuzung mit dem weißen Wiesenlabkraut (Galium album ssp. album) gefährdet. Diese Kreuzung wird als Weißgelb-Labkraut (Galium × pomeranicum) bezeichnet. Die Blüten sind heller als bei dem echten Labkraut und weiß-gelblich gefärbt.
Verbreitungs-Codes: A, AV, M1, M2, F, K