Spindelstrauch / Pfaffenhütchen

Das „gewöhnliche Pfaffenhütchen oder auch „Spindelstrauch“ (Euonymus europaeus) genannt. Sie erhielt seinen Namen durch die Ähnlichkeit mit einer katholischen Kopfbedeckung.
~ Giftpflanze des Jahres 2006 ~
Pfaffenhütchen mit orangener Fruchthülle
~ Starke Giftpflanze ~

Vorkommen und Verbreitung: Das Pfaffenhütchen kommt in Hecken, Auen- und Laubwäldern in Mitteleuropa vor. In Deutschland wächst sie sowohl im Tiefland bis in die Alpen. Dort ist sie auf einer Höhe von bis zu 1.000 Metern zu finden. Die Pflanze gedeiht sowohl auf feuchten oder trockenen Böden. Sie bevorzugt dabei einen kalkhaltigen Untergrund. Oft werden die Sträucher als Zierpflanze in Gärten und Parkanlagen verwendet.

Beschreibung der Wuchsform

Wuchsform: Pfaffenhütchen wachsen in einer strauchartigen Form und kann auf freien Flächen eine Höhe von bis zu 6 Metern erreichen (und dann eine Ähnlichkeiten mit einem Baum aufweisen). Die Stängel bestehen aus einem sehr schweren und sehr harten, widerstandsfähigen Holz. Die einzelnen Blätter sitzen wachsen gegenständig an den Zweigen. Es handelt sich um einen ausschließlich sommergrünen Strauch. Die Äste haben eine graue bis rotbraun gefärbte Rinde. Anfangs sind die frischen Äste vierkantig und weisen eine grüne bis blaugrüne Farbe auf. Im Oberen Teil ist die Pflanze deutlich verzweigt und kann sehr weite Ruten ausbilden. Die endständigen Blattknospen sind grünlich gefärbt und haben eine spitze Form. Die Knospen der Blätter an den Stängeln sind oft sehr eng anliegend. Aus den an langen Stielen sitzenden Blüten bilden sich im Herbst die Früchte aus.

Pflanzenbeschreibung

Blätter: Die Blätter haben eine länglich-ovale Form und sind am Ende zugespitzt. Der gesamte Rand ist sehr fein gezähnt. Die Oberseite der Blätter ist dunkelgrün gefärbt, die Unterseite hingegen leicht hellgrün. Die Blätter verfärben sich von grün zu einem rötlichen Farbton und werden im Laufe des Herbstes abgeworfen. Sie haben oft einen nur sehr kurzen Stiel. Die Blattnerven sind sowohl auf der Ober- als auch Unterseite der Blätter deutlich erkennbar.

Blüten: Die Blüten der Pflanze sind unscheinbar grünlich bis leicht weiß gefärbt. Sie sitzen vor allem in den Blattachseln der Stängeltriebe. Die einzelnen Blüten sind 1 bis 3 cm lang gestielt und ragen somit von den Blättern und Ästen deutlich ab heraus. In Gruppen von drei bis neun Blüten bilden sich kleine Trugdolden aus. Sie bestehen aus vier (seltener auch fünf) weiß bis grün gefärbten Blütenblättern. Die Blüten wären theoretisch zwittrig, sind aber durch die Verkümmerung der Blütennarbe oder der Staubblätter eingeschlechtlich. Sie haben einen kreisrunden Aufbau. Die Staubblätter ragen deutlich aus den Blüten heraus und haben eine grünliche Farbe mit gelben Staubbeuteln. Die Blütenblätter laufen am Ende leicht spitz zusammen. Die Blütezeit reicht von Mai bis in den Juni (seltener auch Juli).

Früchte: Die Samen der Pflanze entwickeln sich im Spätsommer bis Herbst in Form von rosa-roten, vierteiligen (selten auch fünfteilig) Kapseln. Diese Kapseln bilden sich vor allem an den Stängeln und sitzen in größeren Gruppen dicht aneinander. Sobald die Samen reif sind platzen die Kapseln auf und geben den leuchtend orangen Samenmantel frei. In dessen Inneren sitzt der eigentliche Samen, welcher eine weiße Farbe hat und eiförmig aufgebaut ist. Die leuchtend orange gefärbten Samenmantel sind unter anderem für Rotkehlchen eine unwiderstehliche Nahrungsquelle. Aus den Samen entwickeln sich erst nach bis zu fünf Jahren neue Pflanzen!

Namensherkunft & Volkstümliche Namen

Volkstümliche Namen: In Oberbayern wird die Pflanze als „Pfarrerkapperl“ bezeichnet (danke an @die_gritti „Gartenglück“ auf Twitter). Im bayerischen Schwaben wird ein ähnlicher Name verwendet: „Pfaffenschlappe“. In Göttingen ist die Pflanze als „Papenmütze“ bekannt. In anderen Gegenden wird die Pflanze auch als „Pfaffenkäppchen“ bezeichnet. Wobei in allen Fällen auf die katholische Kopfbedeckung Bezug genommen wird.

Neben diesen Namen gibt es noch eine Vielzahl von Bezeichnungen die sich ebenfalls aus dem Aussehen der Früchte herleiten. Zu diesen zählt unter anderem auch „Spindelbaum“ – dies leitet sich wiederum von dem althochdeutschen Wort „spi[nni]lboom“ ab. Früher wurde das Holz verwendet um Spindeln herzustellen. Siehe hierzu auch der Abschnitt zur früheren Verwendung. Ebenso sind weitere Namen mit der Verwendung zum Herstellen von Schuhen auf die Pflanze übertragen worden. Diese sind „Plockholt, Pluggenholt und Schuenegeliholz“. Auf der Schwäbischen Alb ist das Pfaffenhütchen als „Gockeleskern“, nach der weißen Farbe des Samens benannt. Zudem kommt es aufgrund der Essgewohnheit der Rotkehlchen – diese lieben die Früchte des Spindelstrauches – zu den Namen „Rotkehlchenbrot / Ratkaelchenbrot„.

Namensherkunft: Den Namen Pfaffenhütchen erhielt die Pflanze aufgrund ihrer rosa gefärbten Früchte. Diese haben eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Birett – eine typische, katholischen Kopfbedeckung. Dies spiegelt sich ebenfalls in den volkstümlichen Namen der Pflanze wieder.

Der botanische Gattungsname „Euonymus“ leitet sich aus dem griechischen Wort „εὐώνυμος (euonymos)“ ab. Dies lässt sich mit „berühmt“ – aber im Zusammenhang mit berüchtigt abzusehen – ins Deutsche übersetzen. Hierbei wird auf den strengen Geruch der zerriebenen Blätter und Blüten hingewiesen – oder da die Pflanze für Tiere und Menschen giftig ist! Eine Theorie ist die Ableitung aus der griechischen Mythologie. Hiernach ist „Euonyma“ die Mutter der Furien! Aufgrund der Anwendung gegen Ungeziefer kann der Name auch als „berühmt im guten Sinne“ verstanden werden. Der botanische Artname „europaeus“ deutet auf die Verbreitung der Pflanze in Europa hin, da die weiteren Arten der Gattung vor allem in den Tropen zu finden sind.

Frühere Verwendung des Pfaffenhütchens

Frühere Verwendung: Aus dem zähen Holz wurden früher unter anderem Webspindeln hergestellt. Nach dem die Oberfläche geschliffen wird diese sehr glatt. Ein Nachteil dieser Spindelnadeln war, das sie wie der Rest der Pflanze giftig sind. Dies ist auch der Grund für das Märchen „Schneewittchen“. Andere Produkte aus dem giftigen Holz waren damals unter anderem Schuhnägel, Zahnstocher und auch Stricknadeln. Hierdurch wurden die Bestände der Pflanze aber teilweise stark dezimiert!

Kurioses um die Pflanze

Kurioses um die Pflanze: Eine Kuriosität die aus der häufigen Verwendung des Holzes durch Schuhmacher entstanden ist, ist wohl die Erwähnung in der „Illustrierte Flora von Mittel-Europa. 5 Band. 1 Teil. Dicotyledones (3. Teil)“ von Gustav Hegi. Hier wird auch auf die parasitären Schädlinge der Pflanze eingegangen. Diese sind unter anderem verschiedene Tiere und auch Pilze. Was dies aber zum Kuriosum und ad absurdum führt ist die folgende Bemerkung hierzu: „Neuerdings ist in Grossberlin das Abschneiden oder Abreissen von Zweigen polizeilich verboten worden. [… Es folgt eine Aufzählung verschiedener Schädlinge …] Ehedem wurde dem Strauch von Schuhmachern stark nachgestellt (z.B. in Franken).“

Gefährdung der Pflanze

Gefährdung der Pflanze: Das Pfaffenhütchen ist auf der Roten Liste Deutschlands als ungefährdet eingestuft.

Verbreitungs-Codes: A, AV, M1, M2, F, K


Starke Giftpflanze – Hinweise zum Umgang

Giftigkeit der Pflanze: Es handelt sich um eine starke Giftpflanzen, die bei Verzehr tödlich wirkt. Die Pflanze ist auf keinen Fall für die menschliche Ernährung geeignet. In alter Fachliteratur wird das Pfaffenhütchen als Heilpflanze bezeichnet. Heutzutage ist aber dringend davon abzuraten Pflanzenteile als Medizin zu verwenden. In der Homöopathie werden zum Teil auch Präparate hergestellt. Ich rate aber von der Verwendung dieser dringend ab! Sie ist für Mensch und Tier eine gleichermaßen gefährliche Pflanze.

Das Pfaffenhütchen wurde bereits zur „Giftplanze des Jahres 2006“ gewählt.

Giftige Teile der Pflanze: Alle Teile der Pflanze enthalten diverse Bitter- und herzwirksame Giftstoffe. Besonders die Samen haben einen hohen Anteil dieser Stoffe und sind somit hoch giftig. Bereits 3 Samen können bei Kindern eine schwere Vergiftung hervorrufen. Bei Erwachsenen liegt die tödliche Dosis zwischen 30 bis 40 Samen – Uni Frankfurt / [Citation needed].

Inhaltsstoffe: Die Pflanze enthält Bitterstoffe, diverse herzwirksame Glykoside – u.a. Cardenolide wie Evobiosid, Evomonosid, Evonosid sowie das Alkaloid Evonin [genaue Mengenangaben sind nicht vorhanden, variieren zwischen den Pflanzen].

Symptome einer Vergiftung: Es handelt sich um eine tückische Pflanze, denn die Symptome einer Vergiftung treten in den meisten Fällen erst nach 8 bis 16 (seltener auch bis zu 18) Stunden auf. Die Bitterstoffe wirken brecherregend und lösen Durchfall aus. Die Glykoside haben eine herzwirksame Auswirkung. Eine Vergiftung löst eine Liste von Symptomen aus:

-> Magen-Darm-Beschwerden, Durchfall, Erbrechen, Übelkeit, Darmentzündungen sowie Koliken

-> Krämpfe, Fieber, Bewusstseinsstörungen bis hin zu einem komatösen Zustand

-> Atem- und Kreislaufbeschwerden, Herzrasen (Tachykardie)

-> Geringere Reaktion der Pupillen

-> Nieren- und Leberschäden.

Beim ersten Auftreten der Beschwerden ist sofort ein Arzt aufzusuchen – ggf. der Giftnotruf hinzuzuziehen. Bei der Aufnahme von wenigen Pflanzenteilen ist die Prognose / Genesung bei eine Vergiftung in den meisten Fällen möglich. Sollte die Aufnahme von viel Pflanzenmaterial erfolgt sein, kann nur eine intensivmedizinische Behandlung Abhilfe schaffen.

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