Roter Fingerhut

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„Roter Fingerhut“ (Digitalis purpurea) ist eine tödliche Schönheit der Wälder – Achtung es handelt sich um eine bei Verzehr tödliche Giftpflanze!
~ Giftpflanze des Jahres 2007 ~
~ Starke Giftpflanze ~

Vorkommen und Verbreitung: Roter Fingerhut wächst vor allem in den Bergwäldern der Mittelgebirge. Die Pflanze ist zudem an Waldwegen, auf Kahlschlägen und krautigen Waldlichtungsfluren zu finden. Sie bevorzugen dabei einen frischen, nährstoffreichen Boden mit einem geringen Kalkanteil. Der rote Fingerhut hat ein weitläufiges Verbreitungsgebiet in West- und Mitteleuropa. Zum Teil kann die Pflanze als „Gartenflüchtling“ verwildert gefunden werden (dies ist vor allem an Mischfarben aus rosa und weiß erkennbar). Es handelt sich um eine Verbandscharakterart der Weidenröschen-Waldlichtungsfluren.

Pflanzenbeschreibung

Wuchsform: Der rote Fingerhut kann eine Höhe zwischen 30 bis 200 cm erreichen und besitzt einen einzelnen Stängel pro Pflanze. Sie stehen oft in kleineren Gruppen von 2 bis 20 Stauden. Es handelt sich um eine zweijährige Pflanze, da sie im ersten Jahr ausschließlich eine Grundblattrosette ausbildet. Erst im zweiten Jahr bildet sich der Blütenstand und bei richtigen Bedingungen auch die Fruchtstände aus.

Stängel & Blätter: Am unteren Ende der Stängel bildet sich eine Grundblattrosette. Die einzelnen Blätter sind auf der Oberseite rau und mit deutlichen Blattnerven besetzt. Die Ränder sind durchgehend leicht eingesägt. Die Stängelblätter sitzen an einem länglichen Stängel und sind wechselständig am Stiel zwischen den Blüten verteilt. Auf der Unterseite der Blätter bilden sich kurze, weiß gefärbte Härchen aus. Die Grundfarbe der Blätter ist dunkelgrün.

Blüten: Die Blütenstände wachsen in einer einseitigen Traubenform am oberen Ende des Stiels. Die einzelnen Blüten sind glockenförmig aufgebaut und haben eine purpurrosa (bis leicht lachsfarbene) Färbung mit einer auffällig gefleckten Unterlippe. Sie sind wie alle weiteren Pflanzenteile hochgiftig. Die Blütezeit erstreckt sich von Juni bis in den August hinein.

Früchte: Die Früchte des roten Fingerhuts bestehen aus einzelnen eiförmigen Kapselfrucht mit einer Größe von ca. 1 cm. Die Kapseln platzen in der Mitte der Früchte auf und geben dadurch die Samen frei. Im Inneren der Kapseln sind eine Vielzahl von kleinen, schwarzen Samen enthalten. Die Fruchtreife wird im August bis September erreicht.

Besonderheiten der Blüten

Besonderheiten der Blüten: In seltenen Fällen kommt es zu einer Fehlbildung der obersten Blüte in der Blütentraube. Diese werden im Englischen als „terminal peloric flower“ bezeichnet bzw. das Phänomen ist unter dem Namen „peloria“ / Pelorismus bekannt. Die genetische Mutation gilt als teilweise vererblich von den Elternpflanzen auf die Tochterpflanzen.

Pelorismus bei einer Fingerhutblüte

Besonderheiten der Bestäubung: Die Bestäubung der Pflanze erfolgt vor allem durch Hummeln und Bienen. Es handelt sich bei den Blüten um „Einkriechblüten“. Beim Versuch an den Nektar zu kommen, wird der Rücken der Insekten mit Pollen besetzt. Die Blüten sind in den meisten Fällen vormännlich und öffnen sich zunächst von unten nach oben. Die Blüten haben eine Blütedauer von ca. 6 Tagen.

Starke Giftpflanze – Hinweise zum Umgang

Gefahrenhinweis zur Pflanze: Roter Fingerhut ist in allen Pflanzenteilen hochgiftig. Vergiftungssymptome treten bereits bei Aufnahme von geringen Pflanzenmengen auf. Aufgrund dessen muss davon abgeraten werden die Pflanze im Garten zu kultivieren wenn Kinder im Haushalt leben. Bei Berührung mit Pflanzenteilen sind die betroffenen Stellen gründlich abzuwaschen.

Giftigkeit der Pflanze: Wie auch alle anderen Fingerhutarten ist „Roter Fingerhut“ ebenfalls sehr stark giftig und kann bei Menschen und Tieren tödlich wirken. Vor allem in den Blättern und Blüten sammelt sich das Gift an. Dabei ist es von der Tageszeit und Jahreszeit abhängig wie hoch die Konzentration tatsächlich ist. Sie schwankt über den Tagesverlauf stark. Dabei ist die Pflanze oft Nachmittags giftiger als am Vormittag. Es ist davon auszugehen das bei fehlender Behandlung bereits geringe Mengen der Pflanze (Blätter) tödlich wirken können. Eine Behandlung ist durch Gabe eines Antidots möglich. – Quelle 1 / Quelle 2

Giftige Inhaltsstoffe der Pflanze: Nach Literaturangaben sind im roten Fingerhut ca. 100 verschiedene herzwirksame Digitaloide (u.a. Steroidglykoside, Cardenolide) enthalten. Eine teilweise Aufzählung der Inhaltsstoffe ist wie folgt:

– Primärglycoside: herzaktive Glykoside (Purpureaglykosid A, B u.a.)

– Sekundärglycoside (durch Glukose-Abspaltung): Digitoxin, Gitoxin; durch weitere Zuckerabspaltung Aglycone (Genuine): Digitoxigenin, Gitoxigenin

– Steroidsaponine: Digitonin, Gitonin u.a.

– weitere Inhaltstoffe: Gerbstoffe, Flavonderivate und andere Stoffe.

Durch das Trocknen, Lagern oder Kochen werden die Toxine nicht inaktiviert!

Symptome einer Vergiftung

Symptome einer Vergiftung; Bei einer Vergiftung mit Fingerhut kommt es im Frühstadium zu Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Magen-Darm-Beschwerden. Später kommen auch zentralnervöse Sehstörungen mit „Doppelbildern“ und Störungen im Farbsehen hinzu. Bei starken Vergiftungen sind Delirium und Halluzinationen möglich. Durch die starke Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System, hier v.a. auf das Herz kommt es zu Herzrhythmusstörungen mit stark absinkenden Puls. Als Gegenmaßnahme versucht der Körper dies durch einen Anstieg des Blutdrucks auszugleichen. Ohne eine Behandlung mit einem Antidot kann es zum Tod durch Herzstillstand kommen.

Die tödliche Dosis liegt bei etwa 2,5 g der Blätter (variierend je nach Gesundheitlicher Verfassung der Person und Körpergröße / Gewicht). In manchen Literaturangaben ist die Rede von 2 bis 3 Blättern als tödliche Dosis.

Eine genaue Auflistung der Wirkungsmechanismen der Toxine kann in der clinitox-Datenbank abgerufen werden. Diese sind zu detailliert für meine Pflanzenseite.

Erste Hilfe bei einer Vergiftung: Bei einer starken Vergiftung mit Fingerhut sollte umgehend der Rettungsdienst (Notruf 112) informiert werden. Es wird zudem empfohlen ein Giftinformationszentrum zu konsultieren. Maximal ein Glas Flüssigkeit sollte zu sich genommen werden!

Verwendung als Heilpflanze

Verwendung der Digitalisglycoside in der Medizin: Die aus den Blättern gewonnenen Präparate werden in der Medizin als Herzmittel verwendet. Dabei ist auf eine sehr genaue Dosierung zu achten. Auf keinen Fall sollte eine Selbstmedikation versucht werden! Es ist immer ein ärztlicher Rat einzuholen!

Namensherkunft

Namensherkunft: Der Name der Pflanze leitet sich von der Form der Blüten und deren Ähnlichkeit mit dem Nähutensil „Fingerhut“ ab. Vor allem die Form der Blüten erinnert an dieses Utensil.

Der botanische Gattungsname „Digitalis“ leitet sich von dem lateinischen Wort „digitus“ – zu deutsch „der Finger“ – bzw. „digitalis“ – zu deutsch: „zum Finger gehörend“. So auch in „die etymologie der phanerogamennomenclatur“.

Der botanische Artname „purpurea“ lässt sich mit purpurfarben ins deutsche übersetzen. Dabei wird auf die Farbe der Blüte hingewiesen.

Gefährdung der Pflanze

Gefährdung der Pflanze: Der rote Fingerhut wird auf der Roten Liste Deutschlands als ungefährdet eingestuft.

Verbreitungs-Codes:  AV, M1, M2, F, K

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